Projekt Babylotsen in Bremen

Hilfe beim Start ins Leben

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Zwei Beraterinnen im Gespräch
Nachweis

Foto: Roland Grabiak

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Ulrike Deitmer (rechts) und Gabriele Witte sprechen über die Begleitung einer jungen Mutter und reflektieren die Beratung. Foto: Roland Grabiak

Eine Geburt ist ein überwältigendes Ereignis, verbunden mit Freude, aber auch Fragen, Sorgen und Ängsten. Babylotsen im Bremer St.-Joseph-Stift begleiten werdende Eltern. Das Projekt ist bereits sehr erfolgreich.

Vor Ulrike Deitmer sitzt eine 17-Jährige mit ihrer Mutter. In wenigen Wochen wird die junge Frau ein Kind zur Welt bringen. Lange Zeit hat sie die Schwangerschaft verheimlicht. Deitmer fragt einfühlsam nach den Gründen. Es stellt sich heraus, dass der Vater schwer krank ist und die Jugendliche ihre Eltern nicht zusätzlich belasten wollte. Die Mutter bricht in Tränen aus und nimmt ihre Tochter in den Arm.

Ulrike Deitmer, 52 Jahre alt, findet schnell Zugang zu beiden. Sie ist seit 18 Monaten Babylotsin der Caritas im Bremer St.-Joseph-Stift und kann der jungen Mutter helfen, mit der neuen Lebenssituation umzugehen. Als sie ein halbes Jahr nach der Entbindung wieder Kontakt aufnimmt, trifft sie auf eine glückliche Familie mit einem gesunden Baby.

Ihre Stelle im St.-Joseph-Stift teilt sich Ulrike Deitmer mit ihrer Kollegin Katrin Sevim. Wenn sie von ihrer Arbeit erzählt, leuchten ihre Augen. Die Geburt eines Kindes ist ein einschneidendes Erlebnis. Die Babylotsen unterstützen deshalb werdende Eltern und junge Familien bis zum vollendeten ersten Lebensjahr des Kindes.  Deitmer zählt typische Fragen auf: Wie beantrage ich Kindergeld? Was ist mit der Anerkennung der Vaterschaft? Mein Kind ist früher auf die Welt gekommen, wie wirkt sich das auf die Mutterschutzfrist aus? Welchen Anspruch habe ich auf Erziehungszeit?

Einsatz schon während der Schwangerschaft

Die Babylotsen kommen frühzeitig zum Einsatz, so dass werdende Mütter und Väter Angebote in ihrer Nähe schon während der Schwangerschaft kennenlernen können. Wichtig ist deshalb ein großes Netzwerk. „Gerade die Frauen, die Hilfe besonders nötig haben, kennen sich oft gar nicht aus“, sagt Ulrike Deitmer. Und Gabriele Witte (59), Leiterin der Erziehungshilfe der Caritas Bremen, ergänzt: „Die Babylotsen leisten präventiven Kinderschutz. Das erspart uns später viel Zeit in der aufsuchenden Familienhilfe.“

Und was ist mit Ratsuchenden, die wenig Deutsch sprechen? Irgendwie klappt es immer, sagt Deitmer. Entweder finde sich jemand, der übersetzen kann, zur Not wird mit Händen und Füßen kommuniziert. Positiv fällt ihr auf, dass in Familien mit Migrationsgeschichte gerade die Männer offen sind für Beratungsangebote – auch, weil sie oft die besseren Sprachkenntnisse haben.

Auf das kostenlose Angebot der Bremer Babylotsen macht zum Beispiel die Elternschule des St.-Joseph-Stifts aufmerksam. Dort melden sich werdende Eltern sechs bis acht Wochen vor der Geburt an. Auch niedergelassene Gynäkologen verweisen ihre Patientinnen gerne an die Babylotsen. Zusätzlich ist deren Internetseite mit dem Krankenhaus verlinkt.
 

Auch im St.-Joseph-Stift werden Ulrike Deitmer und Katrin Sevim sehr geschätzt. „Die Ärzte und Pflegekräfte auf der Wöchnerinnenstation sagen uns oft: Was würden wir nur ohne euch machen?“, sagt Ulrike Deitmer und freut sich.

Das Projekt soll nach der Pilotphase weitergehen

Das Projekt ist auf 36 Monate angelegt – und schon zur Halbzeit ein großer Erfolg. Die beiden Lotsinnen kümmern sich im Jahr um rund 700 Babys mit ihren Eltern, das ist bei einem Drittel der 2000 Geburten pro Jahr im St.-Joseph-Stift. Deshalb sei es wichtig, diesen Dienst dauerhaft anzubieten. Die Finanzierung der Pilotphase, die drei Jahre dauert, erfolgt durch die „Deutsche Klassenlotterie“, die Stiftung „SeeYou“ und „Deutschland rundet auf“. „Für die Anschlussfinanzierung werden jetzt schon sehr gute Gespräche mit dem Gesundheitsressort und dem Fachbeirat geführt“, sagt Gabriele Witte. Sie ist da optimistisch.

Roland Grabiak