Familienwochenende des Afrika-Centers in Alt-Buchhorst

„Ihr seid wunderschön anders“

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„Schwarze Kinder stark machen“, hieß ein Familienwochenende des Afrika-Centers in Alt-Buchhorst. Dort konnten afro-europäische Kinder aus Deutschland und ihre Eltern ein paar Tage ihre Sonderrolle verlassen.

Von links: Harrison Mwilima und Nora Köpke mit Tochter Mara und Eleonore Bekamenga mit Gracia und Léon haben einige Tage ohne „Sonderrolle“ verbracht. | Foto: Cornelia Klaebe

 

Lachen, Rufen, Schreien: Auf dem Hof wird eifrig gespielt. Väter und Mütter spielen mit ihren Kindern Fuß-, Basket- oder Federball. Heute ist Familientag, und man merkt, wie alle Spaß haben. Die einzige Besonderheit: Einige der Elternteile sind dunkel-, andere hellhäutig, und die Kinder liegen zumeist irgendwo dazwischen. In dieser Gruppe fallen sie damit nicht auf, aber das ist nicht immer so.

Mit Sport und Musik zur Selbstbehauptung
Wenn sie im Kindergarten nicht mitspielen dürfen, weil sie schwarz sind, wenn sie von fremden Leuten „Kakaokind“ oder gar „Affe“ genannt werden, wenn ihnen oft ungefragt Menschen ins Haar greifen, merken Kinder mit mindestens einem afrikanischen Elternteil sehr deutlich, dass sie anders sind. Gemeinsam ist diesen Beispielen, dass sie nicht ausgedacht sind. All diese Dinge sind Teilnehmern des afro-europäischen Familienworkshops passiert, der im Christian-Schreiber-Haus in Alt-Buchhorst unter dem Motto „Schwarze Kinder stark machen“ stattgefunden hat. Es ist ein Angebot des Afrika-Centers unter Leitung der „Weißen Väter“ und gefördert durch Aktion Mensch. Leiter Pater Frank Roßmann sagt: „Afro-europäische Kinder müssen häufig besonders stark sein, um mit den emotionalen Folgen von Ausgrenzung und Rassismus umzugehen.“

ZUR SACHE: DAS AFRIKA-CENTER
Das Afrika-Center versteht sich als Haus für Bewusstseinsbildung und für die Begleitung von Afrikanern. Geleitet und finanziert wird es durch die Afrikamissionare, auch bekannt als „Weiße Väter“. Das vierköpfige Team besteht aus zwei Patres mit langjähriger Afrika-Erfahrung, einer Rechtsanwältin und einem Mitarbeiter, der sich insbesondere um afrikanische Studenten in Berlin kümmert. Kontakt: Hohen­staufenstraße 3, Berlin-Schöneberg, 030 /  2 16 91 70, www.afrika-­center-berlin.org

Das Treffen zielt auf zwei Effekte: Zum einen können die 25 Kinder einige Tage lang ihre Sonderrolle hinter sich lassen, denn hier ist jeder von ihnen einer unter vielen. Zum anderen werden sie in thematischen Einheiten gezielt gestärkt: Sport, Musik und Techniken der Selbstbehauptung stehen dazu auf dem Programm. Manchmal arbeiten sie zusammen mit ihren Eltern, zu anderen Zeiten haben letztere Gelegenheit zum Austausch untereinander, um ihrerseits Strategien zu entwickeln.
Teilnehmerin Eleonore Bekamenga, die als Studentin aus ihrer Heimat Kamerun nach Deutschland kam und die Erfahrung machen musste, dass an der Uni keiner mit ihr Referate halten wollte, sagt: „Ich bereite meine Kinder darauf vor, dass man ihnen Steine in den Weg legen wird.“ Das Wort „Empowerment“, das sie in diesem Zusammenhang oft sagt, erklärt sie so: „Wenn ich als Mensch lebe, muss ich mir meiner Stärken bewusst sein.“ Es helfe zu wissen: Wer bin ich, was kann ich?, und dann zu überlegen: Wie kann ich auf Beleidigungen reagieren?
Es sind nicht immer bewusste Beleidigungen, sondern vieles fällt in den Bereich „Alltagsrassismus“. So erzählt Teilnehmerin Nora Köpke, dass schon in der Schwangerschaft der Unterschied thematisiert wurde: „Das Kind hat einen afrikanischen Kopf“, habe die Hebamme gesagt. Nora Köpke fragte sich damals, was das sei, und ob es auch einen „europäischen Kopf“ gebe.
Gemeinsam mit ihrem Mann Harrison Mwilima, den sie als Studentin während eines Auslandsjahres in dessen Heimat Tansania kennenlernte, versucht sie, ihren Kindern Hanno, Mara und Malte zu vermitteln, dass sie zwar anders, aber „wunderschön anders“ sind. Auch ihr Mann berichtet von unangenehmen Erfahrungen: Als der Journalist und Dozent für Politikwissenschaften zur Vorbereitung eines Besuchs in Tansania mit den Kindern beim Arzt war, hieß es: „Hoffentlich bekommen sie kein Ebola.“ Dabei grassierte die Krankheit gar nicht in Tansania. Beiden ist klar: „Oft ist es gar nicht böse gemeint.“ Umso wichtiger finden sie es, in der Gesellschaft ein Bewusstsein zu schaffen.

Von Cornelia Klaebe