Berliner Bistumsleitung stoppt Pfarrpatron Wichmann
Jetzt kommt Gertrud ins Spiel
Graf Wichmann von Arnstein war Prämonstratenser-Mönch und Propst des Magdeburger Domstifts. 1224 lernte er Dominikaner kennen, die ihn so stark beeindruckten, dass er Amt und Würden aufgab und sich ihnen anschloss. 1246 wurde er Prior des neugegründeten Dominikanerklosters Neuruppin, wo er 1270 im Rufe der Heiligkeit starb. Nach ihm wurde das am 22. Oktober 1977 eingeweihte kleine katholische Gemeindezentrum in Rheinsberg benannt. Eine Skulptur in der ehemaligen Klosterkirche St. Trinitatis in Neuruppin (Foto: wikimedia) erinnert an ihn. |
Wichmann von Arnstein hat im 13. Jahrhundert das Dominikanerkloster in Neuruppin gegründet und wird in der Region seit Jahrhunderten als Heiliger verehrt. Im Erzbistum Berlin ist der diözesane Geschichtsverein nach ihm benannt, laut Gotteslob gehört er zu den Heiligen des Bistums Magdeburg. Anlass an Wichmanns Heiligkeit zu zweifeln, hatte es folglich im Zuge der Vorbereitungen auf die Pfarreigründung am 1. Januar 2022 nie gegeben, weder beim Pastoralausschuss, der das Auswahlverfahren leitete noch bei Erzbischof Koch, der den Katholiken in Neuruppin und Fürstenberg/Havel, Fehrbellin, Gransee, Rheinsberg und Lindow diesen Namen ans Herz gelegt hatte.
Die Nachricht aus dem Erzbischöflichen Ordinariat war für Pfarrer Christoph Zimmermann ein großer Schreck: Kurzfristig müsse sich die Beinahe-Pfarrei ein neues Patronat suchen. Nachforschungen hätten ergeben, dass Wichmann nicht im römischen Martyrologium, dem Verzeichnis aller von der katholischen Kirche anerkannten Heiligen, verzeichnet sei. Dies sei aber Voraussetzung, um als Patron für eine Pfarrei eingesetzt zu werden. Die ersten Briefe an Behörden, die über die neue Pfarrei Heiliger Wichmann informieren, waren bereits abgeschickt, Siegel und Logo waren fertig.
Wichmann und Gertrud haben viel gemeinsam
Heute, einige Wochen später, wirkt Christoph Zimmermann entspannt, wenn er über das Patronat seiner künftigen Pfarrei redet. Man sei sich schnell einig gewesen: Die Pfarreigründung um ein weiteres Jahr verschieben kam nicht in Frage. Also galt es, schnell ein anderes geeignetes Patronat zu finden. „Dabei wiederum alle Gemeinden mit einbeziehen, war in der kurzen Zeit leider nicht möglich“, bedauert der Pfarrer. Die Entscheidung für die heilige Gertrud von Helfta fiel unter den Theologen der neuen Pfarrei. Nachdem die ursprünglich favorisierten Patronate Zum Guten Hirten, Herz Jesu und Paulus noch einmal auf den Prüfstand gestellt wurden, machte mit der heiligen Gertrud schließlich eine Heilige das Rennen, die zuvor noch gar nicht auf dem Schirm war. Auch der Erzbischof stimmte zu, zumal bisher keine der neu gegründeten Pfarreien im Erzbistum diesen Namen trägt, und sogar das neue Siegel ist mittlerweile schon fertig.
Helfta bei Eisleben könnte künftig Wallfahrtsziel der Pfarrei Oberhavel-Ruppin sein. |
„Wir haben einige theologische Parallelen zu Wichmannn gefunden“, erläutert der Pfarrer die Wahl. Unter anderen waren beide Mystiker und in ihrer Spiritualität sehr stark auf die Liebe zu Jesus hin orientiert. Ein weiterer Pluspunkt ist, das die Wirkungsstätte der heiligen Gertrud nicht weit entfernt liegt. Das Zisterzienserinnenkloster Helfta könnte ein geeigneter Ort für künftige Gemeindewallfahrten sein. Das Patronat schafft zudem eine Verbindung ins Benediktinerinnenkloster St. Gertrud in Alexanderdorf.
Wichmann darf trotzdem verehrt werden
Auch in der Gemeinde habe sich die Aufregung über den hektischen Namenswechsel mittlerweile weitgehend gelegt, schätzt Christoph Zimmermann ein. „Niemand verbietet uns, Wichmann weiterhin zu verehren“, sagt er Kritikern. Im Ruppiner Land ranken sich viele Legenden um den Klostergründer. Seine Gebeine sollen unter einer 700 Jahre alten Linde im Stadtzentrum Neuruppins ruhen.
„Die Zeiten nach seinem Tod waren bewegt“, sagt Zimmermann und erinnert an die Stadtbrände in Magdeburg und Neuruppin. Vermutlich seien damals viele Zeitdokumente verloren gegangen. Es sei anzunehmen, dass die Menschen in dieser Zeit lange ganz andere Sorgen hatten, als Wichmanns Andenken nach Rom zu tragen. Der künftige Pfarrer der Pfarrei Heilige Gertrud hat keine Zweifel, dass sich die Katholiken schnell mit ihrer neuen Patronin anfreunden werden. „In ein, zwei Jahren wird niemand mehr darüber sprechen, wie unsere Pfarrei zu ihrem Namen kam. “
Von Dorothee Wanzek