Interview mit Anja Terhorst
Kredite sind kein Thema
Im März hat Anja Terhorst die Funktion der Finanzdirektorin und Bistumsökonomin übernommen – und ist gleich in eine turbulente Zeit geraten. Jetzt hat sie die Planungen für den Haushalt 2021 vorgelegt. Wir sprachen mit ihr.
Frau Terhorst, wie haben Sie die ersten Monate Ihrer Tätigkeit erlebt?
Tatsächlich war die erste Zeit aufregend und in vielerlei Hinsicht auch schwierig. Anfang des Jahres hatte noch niemand mit so deutlich zurückgehenden Kirchensteuern gerechnet und auch nicht mit solchen Verwerfungen an den Finanzmärkten, wie wir sie im Frühjahr erlebt haben. Dennoch hatte die Corona-Lage auch etwas Positives: Ich bin in alle Themen sehr schnell hereingekommen und ich habe erlebt, wie alle Verantwortlichen angesichts der Herausforderungen gemeinsam an der Sache gearbeitet haben. Alle sind zusammengerückt und haben nach guten Lösungen gesucht, das hat mich beeindruckt. Was ich sehr bedauere, ist, dass kaum Zeit für Kennenlern-Termine war. Das wäre in anderen Zeiten sicher besser gelaufen.
Sie schwören das Bistum auf einen Sparkurs ein. Bleibt da überhaupt Raum für Gestaltung?
Tatsächlich kann das Bistum auf Dauer nicht mehr Geld ausgeben als es einnimmt. Wenn es um die Zukunft des Bistums geht, um neue Ideen und Projekte, dann spielt Geld allerdings nur eine untergeordnete Rolle. Im Mittelpunkt stehen die strategische Ausrichtung und die pastoralen Ziele. Dabei geht es um die Frage, wie die Kirche von Hildesheim eine missionarische Kirche sein kann und wie es gelingt, die Energien und Ressourcen auf eine Evangelisierung auszurichten. Dies soll und muss bei allen Ausgaben stärker in den Fokus gelangen. Die Hauptabteilung Finanzen und Bau hat dabei im Wesentlichen eine dienende Funktion.
Die Haushaltsplanungen für das Jahr 2021 gehen davon aus, dass die Kirchensteuereinnahmen gegenüber dem laufenden, durch Corona geprägten Jahr nochmals zurückgehen werden. Politik und Wirtschaft setzten dagegen auf eine rasche Erholung. Plant das Bistum zu pessimistisch?
Wenn Politik und Wirtschaft von hohen Steigerungsraten für das Jahr 2021 sprechen, dann muss man sehen, von welchem Ausgangspunkt diese Erwartungen kommen. Zumeist orientieren sich diese Schätzungen an den absoluten Tiefpunkten des Jahres 2020. Gegenüber diesen Tiefpunkten erwarte auch ich keine weitere Absenkung. 2021 wird aber bei weitem kein Jahr werden, wie wir es vor Corona erlebt haben. Wir müssen uns auf erhebliche Kirchensteuerrückgänge im Vergleich zu 2019 einstellen. Der Haushalt für das kommende Jahr ist gemäß der Pflicht des vorsichtigen Kaufmanns konservativ geplant. Wir dürfen aber heute keine Kirchensteuerinnahmen planen, die wir seriöser Weise nicht erwarten können.
Die öffentliche Hand setzt in dieser Krisenzeit auf Investitionen und nimmt dafür Kredite in ganz erheblichem Umfang auf. Was wäre eigentlich so schlimm daran, wenn das Bistum den gleichen Weg gehen würde?
Eine Kreditaufnahme war bislang bei uns kein Thema, weil alle Ausgaben über die Einnahmeseite gedeckt waren oder der Haushalt durch Rücklagen ausgeglichen werden konnte. Dies soll auch künftig so bleiben. Es gibt die eindeutige Festlegung im Bistum, dass keine Kredite aufgenommen werden sollen, für deren Bedienung sichere Einnahmen in der Zukunft nötig wären. Dies ginge zu Lasten künftiger Generationen und würde die Spielräume des Bistums in der Zukunft weiter einschränken. Zu bedenken ist auch eine Überlegung, die schon mein Vorgänger, Finanzdirektor Helmut Müller, immer wieder geäußert hat: Während sich der Staat über höhere Steuern langfristig refinanzieren kann, ist die Kirche auf die freiwillige Mitgliedschaft der Menschen angewiesen. Dauerhafte Einnahmen sind damit nicht garantiert und alle Berechnungen gehen davon aus, dass die Zahl der Gläubigen in den kommenden Jahrzehnten stark zurückgehen wird.
Mehr als die Hälfte der Kapitalanlagen des Bistums, rund 230 Millionen Euro von 452 Millionen Euro, sind in Rückstellungen und Sonderrücklagen für die Priester- und Beamtenversorgung gebunden. Dabei handelt es sich um Mittel, aus denen die Pensionen für 266 Priester und 27 kirchliche Beamte gedeckt werden sollen. Sind solche Mittelverwendungen eigentlich noch zeitgemäß? Führen sie nicht zu Verwerfungen in der Haushaltspolitik?
Tatsächlich sind diese Pensionsverpflichtungen rechtliche Verpflichtung. Das Bistum hat diese im Finanzplan abzubilden. Dafür müssen dann auch die nötigen Mittel zur Verfügung stehen. Darüber hinaus werden die Pensionsverpflichtungen für Lehrkräfte in einem Pensionsfonds, der gemeinsam mit anderen Bistümern betrieben wird, dargestellt.
Interview: Matthias Bode