Geld und Glaube – Ausstellung im Museum Religio

Medaille mit zwei Seiten

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Geld und Glaube – ein heikles Thema. Das Museum Religio in Telgte bei Münster greift es in einer interessanten Ausstellung auf und zeigt, wie Christen, Juden und Muslime damit umgehen.  Ein Blick auf Ideal und Wirklichkeit, Geschichte und Gegenwart.


Der Reichtum in der Karikatur: Fett lässt sich der Mammon in der Kutsche ziehen, die Menschen gehen vor ihm in den Staub.

Wenn es um Geld geht, hört der Spaß auf? Nicht immer. Wie sonst lässt sich die Spendendose interpretieren, mit der ein „Bonifatius Sammelverein“ aus dem Münsterland vor hundert Jahren um finanzielle Unterstützung für den Kirchbau bat: Die hübsche Blechbüchse in Form einer Kirche hat nicht nur einen Schlitz im Dach für Münzen, sondern in der Turm­uhr auch noch einen Zigarrenschneider integriert. Heute ist der feinsinnige Humor durch den Imperativ ersetzt: „Karte drauf!“ steht auf dem digitalen Klingelbeutel und es klingt verdächtig nach „Gib her den Zaster!“

Wie halten es die großen Weltreligionen mit dem schnöden Mammon? Diese Frage steht im Mittelpunkt einer kleinen, aber sehr feinen und zugleich informativen Sonderausstellung im Religio Telgte. Wir erfahren, wie Christen, Juden und Muslime sich mit dem heiklen Thema auseinandergesetzt und letztlich arrangiert haben. Ein Blick in die heiligen Bücher – Bibel, Thora und Koran – mit den entsprechenden Texten stimmen ein und verdeutlichen, dass es Gemeinsamkeiten gibt, die sich etwa so zusammenfassen lassen: „Macht das Geld nicht zum Götzen, sondern setzt es ein, um Gutes zu tun.“

Aber wie so oft sind Ideal und Wirklichkeit zwei Seiten einer Medaille, lauert die Versuchung hinter jeder Ecke. Da ist der Glaube der einfachen Leute. In den alten Geschichen erzählen sie sich vom Sterntaler, einem Paradebeispiel christlicher Nächstenliebe, das alles an die Armen gibt, selbst sein letztes Hemd, und dafür reichlich belohnt wird. Bitterböse dagegen  zwei Holzstiche aus Frankreich und England: Den Mammon zeigt die eine Karikatur, fett sitzt er in der Kutsche und fährt vorbei an den Bürgern, die ihren Bück­ling bis in den Straßenstaub machen. Die andere zeigt den „Teufel des Geldes“, grinsend lässt er die Münzen fallen, zwei Pfaffen strecken gierig den Kelch in die Höhe, um möglichst viel aufzufangen.
 


Die Heiligen Bücher der Christen, Juden und Muslime klären das Verhältnis zum Geld. Hier der Blick in den Koran.

Damit jetzt kein falscher Eindruck entsteht: Um eine Generalabrechnung geht es nicht in der Ausstellung „Geld und Glaube“, das wäre wohl auch verkürzt. Denn ohne Geld lässt sich schon lange kaum etwas voran bringen, Gemeinschaft pflegen oder Not lindern. So reichen Christen im Gottesdienst den Kollektenkorb durch die Reihen, ist jedes jüdische Gemeindemitglied zur Wohltätigkeit aufgefordert (dargestellt an der blauen Sammelbüchse für den Nationalfonds), kennt der Islam die Zakat-Abgabe.

Ob alles, was in der Vergangenheit gut gemeint auch gut gemacht war, ist allerdings ein ganz anderes Kapitel – vom unseligen Ablasshandel bis hin zur Sammlung für die armen Heidenkinder. Vieles lässt sich ohnehin nur aus dem zeitlichen Zusammenhang erklären, wird bei einem Rundgang durch die Ausstellung deutlich. Dabei stoßen wir auf manche Skurrilitäten: Geldgeschenke bei kirchlichen Festen sind ja schon lange üblich und gern gesehen. Aber was halten Sie von folgendem Rat: Der Pate darf das Patengeld nicht in der Tasche behalten, wenn er sein Bedürfnis verrichtet, andernfalls könnte der Täufling zum Bettnässer werden …
 


Kirche als Sammelbüchse – mit integriertem Zigarrenschneider.

Nichts verdeutlicht den Zusammenhang zwischen Geld und Glaube besser als Münzen, zeigen mehrere Vitrinen. Schon die Römer und Griechen prägten ihre Götter auf die Vorderseite, Konstantin übernahm später das Christusmonogramm aus Chi und Rho. In Teilen Deutschlands kannte man den Mariengroschen, der amerikanische Dollar verkündet „IN GOD WE TRUST“. Selbst als religiöses Propagandamittel wurden Münzen eingesetzt: Im Dreißigjährigen Krieg bezahlte der „Tolle Christian“ seine Söldner mit dem „Pfaffenfeind“ und trieb damit die Provokation auf die Spitze, denn die Geldstücke waren geprägt aus dem Paderborner Goldschatz.  

Zwar treibt uns die Prophezeiung Jesu, eher ginge ein Kamel durch das Nadel­öhr als dass ein Reicher in den Himmel komme, keinen Angstschweiß auf die Stirn und die Mahnung, Schätze für den Himmel zu sammeln, ist für uns interpretationsfähig. Ins Jenseits mitnehmen können wir aber nichts. Und das wird uns am Ende drastisch vor Augen gehalten: Frisch gestärkt liegt das „Letzte Hemd“ in einer Vitrine. Und tatsächlich hat es keine Taschen.

Bis zum 29. August ist die Ausstellung „Geld und Glaube“ im Museum Religio zu sehen. Auch wenn die Exponate weitestgehend aus dem Münsterland stammen, stehen sie exemplarisch für das Thema. Der Begleitkatalog mit interessanten Beiträgen ist eine gute Ergänzung. Und ein Besuch der anderen Museumsabteilungen und der benachbarten Wallfahrtskirche rechtfertigen eine Fahrt nach Telgte allemal.

Stefan Branahl