Glaubwürdigkeit im Missbrauchs-Skandal der Kirche
Mit der Kompetenz der Betroffenen
Eine Initiativgruppe für Aufarbeitung, Aufklärung und Prävention sexuellen Missbrauchs im Bistum Dresden-Meißen spricht sich in einer Presseerklärung für eine stärkere Einbeziehung Betroffener in die Präventionsarbeit des Bistums aus. Zwei Vertreter der Gruppe, die selbst sexuellen Missbrauch durch Mitarbeiter der katholischen Kirche erfahren haben, hatten bereits im vergangenen November ihre Bereitschaft zur Mitarbeit im Beraterstab des Bischofs für Missbrauchs-Fragen erklärt. Bis heute sind sie allerdings weder zur Mitarbeit eingeladen worden noch haben sie eine begründete Ablehnung erhalten.
Dabei hatten sie eigentlich erwartet, dass ihr Angebot willkommen sei. Schließlich betonten viele Fachleute, darunter auch der Missbrauchs-Beauftragte der Bundesregierung, immer wieder, dass der Beitrag Betroffener zur Aufarbeitung, Aufklärung und Prävention aufgrund ihrer Erfahrung unverzichtbar ist. Auch die jüngst erlassene neue Ordnung für den Umgang mit Missbrauch durch Kleriker und andere kirchliche Mitarbeiter sieht die Einbeziehung Betroffener ausdrücklich vor.
Ermutigend hatten die Mitglieder der Initiativgruppe, der neben Betroffenen auch Begleiter von Opfern sexualisierter Gewalt angehören, auch ein Gespräch mit Bischof Heinrich Timmerevers im Februar empfunden. „Er zeigte sich offen, zuzuhören und verstehen zu wollen“, heißt es in der Erklärung.
Der Bischof selbst hatte bei einem Fachtag zum Thema Macht über dieses Treffen berichtet: „Diese Begegnung hat mich verändert.“ Die Schilderungen des Erlebten hätten ihn betroffen gemacht wie keine anderen Schilderungen je zuvor.
Nun wünscht sich die Initiativgruppe vom Bischof, dass er dem Thema einen noch höheren Stellenwert einräumt. Dies und die Einbeziehung Betroffener könnte dazu beitragen, dass das Thema Missbrauch in Gemeinden enttabuisiert wird und dass somit dort ein Klima entsteht, das weitere von sexuellem Missbrauch Betroffene motiviert, sich zu melden, ohne Ausgrenzung und Anfeindung befürchten zu müssen.
Die Gruppe lädt Betroffene, die sich stabil genug fühlen, und andere Interessierte ausdrücklich dazu ein, sich anzuschließen und mit zu engagieren. Sie ermutigt Männer und Frauen, die selbst betroffen sind oder die von Betroffenen in ihrem Umfeld wissen, ausdrücklich, sich bei Hansi-Christiane Merkel, der unabhängigen Ansprechperson des Bistums, zu melden: kontaktperson.merkel@bistum-dresden-meissen.de
Von Dorothee Wanzek