Bonifatiuswerk hat Strukturen verändert

Nicht nur auf vertrauten Wegen

Image
Weniger Geld für Verwaltung und kirchliche Bauten, dafür mehr für qualifiziertes Personal und neue Wege in der Glaubensverkündigung – das Bonifatiuswerk hat Strukturen verändert und setzt auch inhaltlich neue Akzente.

Möglichst anschaulich will das Bonifatiuswerk über die geleistete Hilfe informieren – hier ein Bild der Erstkommunion-Aktion 2018 aus dem Caritas-Kinderdorf Markkleeberg. | Foto: Bonifatiuswerk

 

„Steine und Bauten hat die Kirche in Deutschland reichlich“, sagte Georg Austen, Hauptgeschäftsführer des Bonifatiuswerks, am 26. Juni bei der Bilanz-Pressekonferenz für das Jahr 2017 in Leipzig. Die Propsteikirche, auf dessen Gelände er den Journalisten aktuelle Entwicklungen im Diaspora-Hilfswerk erläuterte, gehörte zu den größten Neubauten, die das Diaspora-Hilfswerk in den vergangenen Jahren gefördert hat. Die Bauhilfe werde hierzulande zunehmend in den Hintergrund treten. In Nordeu-    ropa dagegen, wo sich – vor allem durch Zuzüge von Migranten – viele katholische Gemeinden auf Wachstumskurs befinden, sei sie dagegen weiterhin stärker gefragt.
 
Kirche zeigt Präsenz im Zoo und in entlegenen Dörfern
Fördern will das Bonifatiuswerk in Deutschland künftig vorrangig Projekte, die Christen in ihrem Glaubenszeugnis bestärken und sie befähigen, auch abseits vertrauter Wege kompetent über ihren Glauben Auskunft zu geben.
Dabei gehe es um Initiativen, die katholische Kirche an neuen Orten präsent machen, wie zum Beispiel die Aktionstage „Tiere der Bibel“, die Kinder beim Zoobesuch an biblische Inhalte heranführen oder der Kirchen-Bus, der in strukturschwachen Dörfern der Region Bautzen für einfache Dienstleistungen und Seelsorge-Gespräche unterwegs ist. Es gehe darum, in kirchlichen Orten wie katholischen Kindergärten das christliche Profil zu schärfen, etwa durch religionspädagogische Fortbildungen für Erzieherinnen und Leiterinnen. Auch bewährten Traditionen bleibe das Bonifatiuswerk mit den neuen Förderschwerpunkten treu, so können etwa die Religiösen Kinderwochen weiterhin mit großzügiger Unterstützung rechnen, und auch die Finanzhilfen für gelbe Gemeindebusse werden fortgesetzt. 
Dem Wandel in Kirche und Gesellschaft trägt das Bonifatiuswerk auch mit neuen Strukturen Rechnung. „Mehr Transparenz“ hieß im vergangenen Jahr die Devise beim Umbau von Leitungsstrukturen und Spendenverwaltung.
War bisher ein Generalvorstand für alles zuständig, gibt es nun eine Aufgabenteilung zwischen dem Vorstand, der die Tagesgeschäfte führt, und dem Bonifatiusrat, der die Grundlinien festlegt, die Finanzen verantwortet und die Aufsicht über den Vorstand innehat. In der Abwicklung der Finanzen passt sich das Hilfswerk der besseren Nachvollziehbarkeit wegen schrittweise an die Regeln großer Kapitalgesellschaften an und plant, in Kürze das Spendensiegel zu beantragen. Die Verwaltung sei verkleinert worden. Im vergangenen Jahr waren 11,5 Prozent der Ausgaben Verwaltungskosten, die im wesentlichen nicht aus Spendengeldern, sondern aus den Erträgen von angelegtem Vermögen bezahlt wurden.
Trotz des Rückgangs bei Kirchenmitgliedern und Gottesdienstbesuchern seien die Einkünfte des Bonifatiuswerks aus Spenden, Kollekten, Sonderaktionen, Erbschaften, Erlösen aus Messintentionen, Mitgliedsbeiträgen und Vermögenserträgen bisher einigermaßen stabil zwischen jährlich 14,4 und 15 Millionen Euro, stellte Martin Guntermann fest, der im Vorstand für die Finanzen zuständig ist. Der Blick auf einzelne Zahlen aus Ostdeutschland lässt dagegen eher auf Rückgang schließen: Die Kollekte zum Diasporasonntag sank 2017 im Bistum Dresden-Meißen zum Beispiel im Vergleich zum Vorjahr um rund 45 Prozent auf etwas mehr als 40 000 Euro, im Bistum Magdeburg um 37 Prozent auf knapp 24 000 Euro.
 
Es reicht nicht aus, nur die Spendentüten in die Kirche zu legen
„Die Ergebnisse hängen stark vom Engagement der Pfarrer und Gemeinden vor Ort ab“, weiß Georg Austen. Für Spender sei es hilfreich, an möglichst konkreten Beispielen nachvollziehen zu können, wofür das Geld ausgegeben wird, ist seine Erfahrung. Die Investition in aufwendiges Informationsmaterial ist aus seiner Sicht deshalb durchaus lohnend.
Bei der Spendenaktion der Erstkommunionkinder sei die anschauliche Präsentation ausgewählter Projekte im vergangenen Jahr besonders erfolgreich gewesen. Obwohl die Zahl der Erstkommunionkinder deutschlandweit um 10 000 zurückgegangen sei, lag das Ergebnis der Aktion bei über 1,8 Millionen Euro und damit leicht über dem Vorjahresergebnis. 
Für die ostdeutschen Diaspora-Bistümer bedeute die Unterstützung durch das Bonifatiuswerk weitaus mehr als nur finanzielle Entlastung, sagte Kyrill Freiherr von Twickel, der Finanzchef des Bistums Dresden-Meißen, den Journalisten. „Die Impulse des Bonifatiuswerks führen uns als Bistum in neue Richtungen“, lobte er. Mit Hilfe der geförderten Projekte des Hilfswerks begebe sich die Kirche auf die Spur dessen, was Papst Franziskus mit einer „Mystik des Einander-Begegnens“ bezeichnet habe. Ihren eigentlichen Auftrag für die heutige Zeit könnten Christen nur gemeinsam mit ihren Mitmenschen  verstehen und erfüllen, zeigte er sich überzeugt.
Um Impulse geben zu können, sei das  Bonifatiuswerk darauf angewiesen, dass aus den Bistümern heraus immer wieder geeignete Projekt-Ideen entwickelt werden, erwiderte Hauptgeschäftsführer Georg Austen. Unter anderem mit dem alle drei Jahre ausgeschriebenen „Bonifatiuspreis für missionarisches Handeln“ versuche man, die Kreativität in dieser Richtung zusätzlich anzuregen. Unter dem Motto „Pastoral braucht ein Gesicht“ würden gezielt Personalstellen gefördert, in der Regel allerdings nur anteilig und auf zwei Jahre befristet. Von Anfang an sollten Antragssteller sich dabei Gedanken machen, wie das geplante Projekt dauerhaft lebensfähig wird, sei es durch die Anleitung Ehrenamtlicher, die es fortführen können, sei es durch andere Projektpartner, die für eine dauerhafte Finanzierung einstehen. Beim Bautzner Kirchenbus zum Beispiel konnte  – unter anderem mit kommunaler Unterstützung – die Finanzierung fortgeführt werden.
 
Von Dorothee Wanzek
 
Dorothee Wanzek

Meinung: Optimismus-Verbreiter
Das Bonifatiuswerk ist in der ostdeutschen Diaspora nicht nur gut dafür, dass „der Laden weiter läuft“, wurde während der Bilanz-Pressekonferenz in den Wortbeiträgen hiesiger Kirchenrepräsentanten deutlich, das Hilfswerk wirkt zugleich als Ermutiger, Inspirations-Quelle, Optimismus-Verbreiter. Das Bonifatiuswerk habe in der neuen Leipziger Propsteikirche jeden 20. Stein bezahlt, ließ beispielsweise Propst Gregor Giele wissen. Nicht zu berechnen seien aber die optimistische Aufbruchs-Stimmung der Gemeinde am nun zentraleren Standort, die neuen Kontakte zu Initiativen, die dort gezielt die Zusammenarbeit mit den Leipziger Katholiken suchen, die gestiegene Zahl der Gottesdienstbesucher ...
Ich finde, unsere Gemeinden könnten ruhig ein wenig mehr  Optimismus und christliche Hoffnung vertragen. Auf dem Weg in die Zukunft bringt uns das jedenfalls weiter als wenn wir uns von linearen Berechnungen deprimieren und lähmen lassen, in wieviel Jahren in welcher Kirche das Licht ausgehen wird.