Lesereise ins Heilige Land
Ökumenisch auf Jesu Spuren
41 Teilnehmer haben an der ökumenischen Leserreise ins Heilige Land teilgenommen. Fotos: Andreas Gutsche / Dirk Bock |
In der Regel beginnt und endet eine Reise bei Anfahrt und Ankunft vom/im Heimatort. Eine Ausnahme dürfte jedoch für die von Biblische Reisen GmbH vom 10. bis 17. Februar dieses Jahres organisierte Leserreise ins Heilige Land bilden, die im vorigen Spätsommer durch die evangelische Kirchenzeitung „Die Kirche“ sowie das katholische Pendent „Tag des Herrn“ in Kooperation beworben wurde. Das Besondere der gemeinsam mit dem auf Gruppen- und Studienreisen ins Heilige Land spezialisierten Reiseveranstalters vorbereiteten Unternehmung unter dem Motto „Auf den Spuren Jesu“ bestand vor allem darin, dass diese erstmals ganz im Zeichen der Ökumene stehen sollte. Offenbar führte dieses Merkmal zu außergewöhnlicher Resonanz. Denn die Anzahl der Interessenten ging deutlich über das erwartbare Maß üblicher Reisegruppenstärke hinaus, weshalb diesmal leider nicht alle Interessenten berücksichtigt werden konnten.
Seit Kindheitstagen vertraute Orte
Und somit begann diese Reise für die insgesamt 41 Teilnehmenden bereits im Januar mit einem Vortreffen in Berlin, das nicht nur dem gegenseitigen Kennenlernen, sondern auch der Klärung einer Reihe organisatorisch wichtiger Fragen diente. Bei einem Aufenthalt in Israel sind viele Besonderheiten zu beachten, die Dirk Bock – Gemeindepädagoge aus Lindow - als theologischer Leiter aus seiner Erfahrung und Kenntnis dieses Landes anschaulich vermittelte. Wie sich zeigte, sollte diese Reise für fast alle die erste Begegnung mit dem Heiligen Land werden - entsprechend hoch waren die Erwartungen an das vom Reiseveranstalter vorgesehene Programm, das wegen der vorgesehenen Dauer äußerst konzentriert und ausgewählt zusammengestellt worden ist. Bereits beim ersten Treffen war zu spüren, jenseits aller Konfession bestand eine große Neugier und Vorfreude auf jene Orte und Stätten des Wirkens Jesu, die aus den Überlieferungen jedem seit Kindheitstagen vertraut und bekannt sind.
Eine Bootsfahrt auf dem See Genezareth gehörte auch zum Programm. |
Dem eigentlichen Reisebeginn schien anfangs das Sturmtief Sabine einen Strich durch die Rechnung zu machen, aber glücklicherweise hob die Maschine pünktlich von Schönefeld in Richtung Tel Aviv ab. Dort erwartete uns als Reiseleiterin Gabi Levy - eine Deutsche, die seit über 40 Jahren in Israel lebt und mit Reisegruppen sehr oft im Land unterwegs ist. Per Bus ging die Fahrt dann direkt in eine Hotelanlage am Südufer vom See Genezareth, unser Ausgangspunkt für die in den kommenden Tagen aufzusuchenden historischen Stätten.
Bereits der erste Tag bot ein sehr dichtes, auf wichtige Orte des christlichen Glaubens gerichtetes Besuchsprogramm: so unter anderem die Fahrt zum Berg der Seligpreisungen mit Besuch der Kapelle, eine Wanderung hinab nach Tabgha, dem Ort der wunderbaren Brot- und Fischvermehrung und die Kirche mit herrlichen Mosaiken, die Besichtigung der Weißen Synagoge und des Petrushauses in Kafarnaum, der „Stadt Jesu“. Hier finden sich auch bauliche Zeugnisse aus der römischen Zeit, die freigelegt und restauriert worden sind. Und wer sich die einzigartige Mahlzeit eines Petersfisches nicht entgehen lassen wollte, erhielt dazu in einem darauf spezialisierten Lokal Gelegenheit. Auf die Bootsfahrt über den See Genezareth zum Ostufer folgte die Begegnung mit dem Kibbuz En Gev. Während einer kleinen Rundfahrt war viel Interessantes zu Entstehungsgeschichte und heutigem Leben dieser genossenschaftlichen Siedlungsform in Israel zu erfahren.
Der folgende Tag führte die Reisegruppe ans Mittelmeer nach Akko. Die dort die Altstadt umgebenden starken Befestigungsanlagen, gewaltigen unterirdischen Kreuzfahrerbauten, Weiße Moschee und Hafen lassen die strategische Rolle dieses Ortes nicht zuletzt auch in der Zeit der Kreuzzüge für die Johanniter- und Templerorden erahnen. Zippori, die Hauptstadt Galiläas zur Zeit Jesu, war ein weiteres Ziel dieses Tages. Große Teile dieser antiken Stadt sind archäologisch erschlossen, wodurch einzelne Gebäude und das Straßensystem sehr lebendig werden. Zu den eindrucksvollsten Grabungsbefunden gehört zweifellos eine Vielzahl kunstvoller Bodenmosaiken mit mannigfaltigen Darstellungen, Figuren und Motiven.
Ein Bad im Toten Meer gehört zu den Höhepunkten einer Reise ins Heilige Land. Der hohe Salzgehalt trägt den menschlichen Körper so gut, dass er ohne großartige Bewegungen auf dem Wasser schwimmt. Zu den beliebten Fotomotiven gehört das Zeitunglesen beim Baden. Natürlich hatten die Leserreisen-Teilnehmer „ihre“ Kirchenzeitungen dabei: die evangelische Wochenzeitung „Die Kirche“ und den katholischen „Tag des Herrn". |
Bereits am Folgetag verließen wir unser Quartier am tiefstgelegenen Süßwassersee der Erde, um den Weg nach Jerusalem aufzunehmen. Nach der Reise durch das Jordantal und über die Grenze zu Palästina begleitete uns auch entlang der Judäischen Wüste ein Sperrzaun als Grenze zu Jordanien. Masada, die mächtige Festung des Herodes, am Südwestende des Toten Meeres gelegen und eingetragen als UNESCO-Welterbe, war zunächst das Tagesziel. Der Auffahrt per Kabinenbahn schloss sich die Besichtigung der Paläste, Vorratshäuser, Badeanlagen und Kasemattenmauern an. Das imposante Bauwerk ermöglichte früher das Speichern größerer Nahrungs- und Wasservorräte, wodurch es lange Zeit als uneinnehmbar galt. Die nächste Station an den Ruinen von Qumran ließ auch den Blick auf jene Höhlen zu, in denen nach 1947 die berühmten Schriftrollen aus antiker Zeit gefunden wurden. Zum weiteren Highlight dieses Tages zählte natürlich auch das Baden im Toten Meer, das sich kaum jemand entgehen ließ. Einmal im Leben auf dem extrem salzhaltigen Wasser treiben und dabei eine Kirchenzeitung lesen oder sich mit dem gehaltvollen Schlamm einreiben, war für viele ein Muss.
Immenser Ansturm in der Geburtskirche
Nach der Übernachtung im Jerusalemer Ritz-Hotel standen der Besuch im Evangelischen Pilgerzentrum auf dem Ölberg im Gelände der Auguste-Victoria-Stiftung und die Begegnung mit der Pfarrerin Zander auf dem Programm. Die vor gut 100 Jahren erbaute Himmelfahrtskirche beeindruckte nicht nur mit ihrer Innenausstattung, auch die Turmbesteigung ermöglichte einen weiten Blick über die Stadt. Mit der anschließenden Fahrt nach Betlehem war vor allem der Besuch der Geburtskirche verbunden. Das Aufsuchen der traditionellen Geburtsstelle Jesu war wegen des immensen Andranges leider unmöglich, dennoch erfuhr die Gruppe viel Interessantes über Bau und Geschichte dieses frühchristlichen Kirchenbaus. Später bei den Hirtenfeldern war eine Grotte damaliger Hirten zu besichtigten sowie das Areal, auf dem der Überlieferung nach die Geburt Jesu verkündet wurde. Den Tagesabschluss bildete eine Stipvisite in Talitha Kumi, eine deutsche Auslandsschule im palästinensischen Autonomiegebiet, in der christliche und muslimische Schülerinnen und Schüler eine gemeinsame Ausbildung erhalten.
Das Kennenlernen des christlichen Jerusalems war Ziel des folgenden Tages: so unter anderem ein Besuch der Paternosterkirche auf dem Ölberg mit den Majolikaplatten, auf denen der Text des Vaterunsers in 140 Sprachen beziehungsweise Dialekten abgebildet ist, die Kirche Dominus Flevit, der Garten Getsemani mit der Kirche des Nationen, das Mariengrab am Fuß des Ölberges sowie die Bethesdateiche vor der Basilika St. Anna. Weiter durchschritten wir in der Altstadt die Via Dolorosa und gelangten nach einigen Kreuzwegstationen bis zur Grabeskirche, die an der Stelle der Kreuzigung und des Grabes Jesu errichtet wurde. Besonders beeindruckte die Gruppe das nachfolgende Treffen mit Maya Leibowitz als erste Rabbinerin in der Heiligen Stadt mit interessanten Einblicken zu jüdischem Glauben und Feierlichkeiten.
Der Besuch einer Höhle, die zur Zeit Jesus von Hirten bewohnt wurde. |
Am Sonntag, dem vorletzten Reisetag, führte der Weg zunächst zum Tempelplatz, der die Außenbesichtigung von Felsendom und El-Aksa-Moschee ermöglichte, sowie anschließend zur Westmauer. Danach war Gelegenheit zur Teilnahme am evangelischen Gottesdienst in der Erlöserkirche bzw. am katholischen Gottesdienst in der Dormitio-Abtei (der Überlieferung nach Sterbeort der Gottesmutter Maria). In der Neustadt Jerusalems lud das Israel-Museum mit der archäologischen Abteilung, in der die aufgefundenen Schriften vom Toten Meer teilweise zu besichtigen sind, und ein frühes Modell des Heiligen Stadt zum Besuch ein. Den ergreifenden Abschluss dieses Tages bildete der Aufenthalt in der Gedenkstätte Yad Vashem – ein Ort von hoher erinnerungskultureller Bedeutung.
Am Abschlusstag bestand die Möglichkeit, sich noch individuell in Jerusalems Altstadt zu bewegen, Einkäufe zu tätigen oder einfach nochmals das lebendige Treiben der engen Gassen einzufangen. Dann aber nahte der Abschied in Richtung Tel Aviv, wo der Rückflug nach Berlin den Aufenthalt in Israel beendete.
Konfessionen spielten keine Rollen
Was aber bleibt und wirkt neben dem überreich Erlebten nach? Individuell ist das sicher sehr unterschiedlich und vom jeweiligen Anspruch der Verarbeitung einer Fülle von Eindrücken abgängig. Ganz persönlich werde ich vor allem die angenehme Gemeinschaft dieser ökumenischen Reisegruppe in Erinnerung behalten, die täglichen Andachten an sehr besonderen biblischen Stätten, bei denen die jeweilige Konfession überhaupt keine Rolle spielte. In der Rückschau bewundere ich die hohe Professionalität unserer Reiseleiterin Gabi Levy, die der Gruppe mit Umsicht und außergewöhnlicher Informationsdichte Land und Leben Israels näher brachte. Nicht zuletzt bin ich auch Dirk Bock als theologischem Leiter dieser Unternehmung dankbar – von seiner Erfahrung, Offenheit und Geduld profitierte im besten Sinn die gesamte Gruppe. Mit beiden würde ich die Reise gern fortsetzen.
Und so dürfte dieses achttägige Erlebnis für viele Teilnehmer dieser Studienreise nicht das Ende der Fahrt durch das Heilige Land gewesen sein. Viele weitere wichtige christliche Orte gilt es noch aufzusuchen, weshalb spontan der Wunsch formuliert wurde, in absehbarer Zeit an einer vertiefenden Aufbaureise interessiert zu sein.
Von Andreas Gutsche