Bischof Wilmer spricht über sein neues Buch

Was ist wichtig? Und was habe ich davon?

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Bischof Heiner Wilmer erzählt im Interview, wie sein neues Buch „Trägt – Die Kunst, Hoffnung und Liebe zu glauben“ entstanden ist.


Immer wieder bezieht sich Bischof Heiner in seinem
neuen Buch auf Hildesheim, den Domhof und den Dom.

Warum haben Sie das Buch „Trägt“ betitelt, geht es mehr um das getragen werden oder etwas aktiv zu tragen?

Es geht um beides. Für mich ist die Perspektive der Schlüssel. Für mich geht es um die Frage: Was ist wichtig im Leben? Was ist relevant, was ist wichtig zum einen, und zum anderen, was trägt mich bei der Frage: Was ist drängend, was ist virulent, worauf kommt es jetzt an? In diese Richtung geht das Buch „Trägt – Die Kunst, Hoffnung und Liebe zu glauben“. Man kann es lesen als Frage oder auch vom Autor her. Was trägt mich? Was gibt mir in meinem Leben als Mensch, als Christ, als Bischof ein Fundament? Was beflügelt mich vor allem angesichts schwieriger Situationen – wie zum Beispiel jetzt in der Zeit von Corona?

Das Buch ist in der Corona-Zeit entstanden. War die Idee dazu schon vorher da oder war Corona der Anstoß dazu?

Die Idee, grundsätzlich über das Wesen des Christentums, über Glaube, Hoffnung, Liebe und über die Trinität zu schreiben, hatte ich schon länger. Gerade die Trinität ist ein schwieriges theologisches Thema, über das ich lange nachgedacht und beim Schreiben auch ziemlich geschwitzt habe. Aber der Anlass, der Auslöser war dann letztendlich Corona. Denn gerade auch zu Beginn der Krise gab es Stimmen in den Medien: ‚Die Bischöfe sagen nichts, die Bischöfe reagieren nicht, die Bischöfe verziehen sich schüchtern.‘ Das hat mich angespornt, das Buch jetzt zu schreiben. Und dadurch, dass in der Corona- Zeit viele Termine und Dienstreisen wie die Partnerschaftsreise nach Bolivien weggefallen sind, hatte ich auch ab und an die Zeit, einmal am Block mehrere Tage an dem Buch zu arbeiten. Sonst wäre es mit Sicherheit jetzt noch nicht fertig. An dieser Stelle möchte ich mich ganz herzlich bei Simon Biallowons vom Herder Verlag sowie bei Dagmar Stoltmann-Lukas, meiner persönlichen Referentin, und bei Maria Herrmann, Referentin für innovative Strategie in der Hauptabteilung Pastoral, bedanken, die mich sehr bei der Fertigstellung des Buchs unterstützt haben.

Für wen soll Ihr neues Buch sein?

Das Buch ist gedacht für alle Menschen, die sich fragen: Wie geht Leben aus dem Glauben? Wie geht Leben auch bei schwierigen Themen, bei Leid, bei brüchigen Beziehungen, bei Krankheit oder wenn meine Finanzen nicht mehr stimmen? Wie geht aber auch Leben vor Gott, wenn ich mich frage: Wer ist Gott eigentlich? Gibt es ihn? Was ist die Kirche? Geschrieben ist das Buch auch für Menschen, die Schwierigkeiten haben mit der Kirche, mit Gott. Meine Hauptleserin, mein Hauptleser ist ein Mensch, der versucht, ernsthaft durchs Leben zu gehen mit Humor und Tiefe, der mehr braucht, als nur Oberfläche.

Kann das Buch eine Lebenshilfe, eine Glaubenshilfe sein?

Das ist mein Wunsch. Das Buch habe ich ganz bewusst geschrieben, um Mut zu machen zum Glauben und Leben, von daher mit konkreten Punkten der Hilfe anlässlich von schwierigen Situationen oder bei Fragen zum Glauben. Ja, es soll eine Lebens- und Glaubenshilfe sein.

Ist „Trägt“ eine logische Fortsetzung zu Ihren beiden vorhergehenden Büchern?

Es ist schon eine Fortsetzung von „Gott ist nicht nett“ und „Hunger nach Freiheit“, wobei „Hunger nach Freiheit“ vielleicht stärker auch für den Leser eine theologische Herausforderung war. Das neue Buch ist von der Methode eher angelegt wie „Gott ist nicht nett“. Es hat starke narrative Elemente, keine systematische Theologie. Ich setze an bei meinen eigenen Erfahrungen, bei Erfahrungen anderer Menschen und ihren Sehnsüchten und versuche von dort ausgehend über Gott nachzudenken, über die Kirche, über unseren Glauben und über das Gemeinsame.

Trotz des roten Fadens im Buch, kann man die einzelnen Teile auch losgelöst vom Gesamten lesen?

Im ersten Teil geht es um „Was ist wichtig, was ist drängend?“ – um die fast unerlaubte Frage: „Was bringt‘s?“, die wir oft abtun als ungehörig, zu proletenhaft. Ich halte sie für wichtig und nehme sie sehr ernst. Diese Frage: „Was bringt‘s, was habe ich davon?“ ist mir heilig. Dieser Frage haben wir uns zu stellen – auch auf allen Ebenen der Kirche. Und wenn wir diese Frage nicht beantworten, haben wir unseren Auftrag nicht erfüllt. Man kann die einzelnen Kapitel des Buches für sich einzeln lesen. Aber es gibt zwischen den Kapiteln offene und noch viel mehr verdeckte Verbindungslinien. Vieles läuft oberschwellig, aber auch unterschwellig.

Eine nicht unerhebliche Rolle nehmen Gebet und Stille im Buch ein. Welchen Stellenwert haben sie?

In der Tat geht es um Gebet, Stille und im mittleren Teil des Buches um Mystik. Es geht um hohe Literatur wie das „Hohe Lied der Liebe“ im Alten Testament, das in unserer Kirche nicht sehr zum Zuge kommt. Es geht um den Mystiker Johannes vom Kreuz, um spanische Poesie, und es geht auch um den ersten Novizenmeister meiner Ordensgemeinschaft, die Herz-Jesu-Priester, dem Franzosen André Prévot, der im 19. Jahrhundert über Richard von St. Victor geschrieben hat, über einen großen Reformer der Kirche in der Zeit vor der Reformation. Der damals schon Reformen anmahnte und forderte, die Kirche müsse sich mehr der Erfahrung des Menschen stellen und der Dreieinigkeit sowie der Frage, welche Bedeutung der Glaube an den Heiligen Geist für unser Leben hat. Er wird oft ausgeblendet. Wir reden über Jesus, über seinen Vater, aber der Heilige Geist spielt oft keine Rolle. Für mich ist er ein Schlüssel, der hinführt zu einer spirituellen Revolution.

Auch Ihre Bischofsstadt kommt im Buch vor. Hat das einen besonderen Grund?

Hildesheim steht im Zentrum und ist immer wieder Ausgangspunkt für meine Überlegungen. Da ist zum Beispiel eine abendliche Begegnung auf dem Domhof, die mich berührt hat. Es war um 21 Uhr, als die Glocken des Domes läuteten. Da sagte mir eine Dame, dass sie nur für das Glockengeläut abends hierher komme. Sie brauche die Macht der Glocken als Heilmittel gegen das Corona-Virus. Ich habe kritisch gesagt: „Aber wir müssen Abstand halten, Masken tragen, Hygieneregeln einhalten.“ Da hat sie geantwortet: „Ja, ja, ich weiß, was Sie sagen wollen. Aber ich brauche die Macht von oben, den Klang der Glocken. Der hilft mir, diese Zeit zu überstehen.“ Der Klang der Glocken hat sie durch diese Zeit getragen.

Interview: Edmund Deppe


Verlosung

In der kommenden Woche am 17. August erscheint bei Herder das neue Buch von Bischof Heiner Wilmer „Trägt – Die Kunst, Hoffnung und Liebe zu glauben“. Wenn Sie unsere Frage richtig beantworten, können Sie eines von vier Exemplaren gewinnen, die Bischof Heiner signiert hat.

Die Frage lautet: „Wie heißt das vorherige Buch von Bischof Heiner?“

Senden Sie das Lösungswort an: KirchenZeitung Hildesheim, Domhof 24, 31134 Hildesheim oder per E-Mail an: aktion@kiz-online.de (Bitte die vollständige Adresse angeben!) Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.