Aus Pfarreien Löbau, Ostritz und Zittau wird Pfarrei St. Marien Zittau

Wegbereiter im Pfarrbüro

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Aus den Pfarreien Löbau, Ostritz und Zittau wird am 7. Juli die Pfarrei St. Marien Zittau. Dafür gibt es eine Menge zu organisieren. Vieles geht über die Schreibtische von Pfarrer Thomas Cech und Pfarrsekretärin Brigitta Völkel.

„Autogramme üben“ nennt Brigitta Völkel scherzhaft, was Pfarrer Thomas Cech im Zuge der Pfarrei-Neugründung noch häufiger tun muss als gewöhnlich. | Fotos: Dorothee Wanzek

 

Die größte Arbeit wartet noch auf Brigitta Völkel: Nach der feierlichen Pfarreigründung muss die Sekretärin sämtliche Vertragspartner der bisherigen Pfarreien darüber informieren, dass sie es fortan nur noch mit der Pfarrei St. Marien Zittau zu tun haben werden. In Folge dessen müssen Konten geändert oder neu eingerichtet, sämtliche Lastschriftmandate angepasst werden. Für jede der drei Alt-Pfarreien muss Brigitta Völkel einen Jahresabschluss erstellen, für die neue Pfarrei einen Haushaltsplan.
„Ich habe Glück, dass Pfarrer Cech auch einiges von Buchführung versteht und sich obendrein gut mit Computern auskennt“, findet sie. Mit vereinten Kräften konnten beide in den vergangenen Monaten vieles vorbereiten, stets darauf bedacht, dass bei allen Umstellungen niemand und nichts in Vergessenheit gerät – kein Kommunion- und Diakonatshelfer, der mit der Pfarrei-Neugründung eine neue Beauftragung braucht, aber auch keines der Grundstücke, die sich im Besitz der Pfarrei befinden. Allein für Ostritz – das  auch über die Reformation hinweg katholisch blieb – sind 30 Grundbuchänderungen erforderlich, um die sich später das Bischöfliche Ordinariat in Dresden kümmern wird. Neben Kirche und Pfarrhaus gehören hier auch Wiesen und Waldstücke zum Pfarreibesitz.
Dass Brigitta Völkel vorausblickend auf den Pfarreien-Zusammenschluss schon seit zweieinhalb Jahren für alle drei Pfarreien als Sekretärin arbeitet und in jeder regelmäßig  präsent ist, war hilfreich für den Informationsaustausch.
In ihrer unaufgeregten, freundlich-unverblümten Art konnte sie als Ansprechpartnerin für alle auch denjenigen dabei helfen, sich in die neue Situation hineinzufinden, die damit zunächst sehr haderten. „Eine Pfarrei ist doch nur eine Verwaltungseinheit“, versuchte sie zum Beispiel diejenigen zu beruhigen, die das Szenario malten, demnächst von den starken Zittauern „geschluckt“ zu werden. Natürlich kennt auch sie kleine Gemeinden in der Region, die derartiges in der Vergangenheit bereits erlebt haben. Sie weiß auch um die Zugezogenen in der Pfarrei Ostritz, die in westdeutschen Diözesen ungute Strukturveränderungs-Prozesse miterlebt haben. Dennoch ist die Pfarrsekretärin überzeugt: „Es kann auch anders laufen“.  Den Katholiken in kleineren Orten sagt sie deshalb: „Gemeinde ist das, was ihr bei    euch im Dorf macht. Das kann euch keiner wegnehmen!“
Als Zittauerin wirbt sie zudem in der eigenen Gemeinde dafür, gelegentlich auch einmal den Weg in andere Kirchen der Pfarrei auf sich zunehmen. „Viele regelmäßige Sonntagskirchgänger aus Zittau waren noch nie in der Kirche von Hirschfelde, obwohl die nur rund acht Kilometer entfernt liegt“, bedauert sie. „Ein gutes Miteinander kann nur wachsen, wenn wir uns klar machen, dass die Straßen nach Zittau keine Einbahnstraßen sind.“
 

Was ein Buchstabe zuweilen ausmacht
Mit Pfarrer Cech ist sie sich einig: „Ehrlichkeit und Offenheit  sind unerlässlich, damit Katholiken im Bistum sich auf die neuen Strukturen einlassen können.“ Es wäre besser gewesen, im Erkundungsprozess von Anfang an klar und deutlich zuzugeben, dass ein unausweichlicher Strukturwandel im Vordergrund steht, ist der Pfarrer überzeugt.

Die Marienstatue an der Zittauer Kirchenfassade. Alle bisherigen Pfarreien hatten bereits Marienpatrozinien: Mariä Heimsuchung Zittau, Mariä Himmelfahrt Ostritz und Mariä Namen Löbau.

„Viele haben gleich geahnt, dass in Wirklichkeit gar nicht völlig offen ist, was am Ende des Prozesses herauskommt. Auch mich erinnerten solche Beschönigungen an die Art zu kommunizieren, wie wir sie aus der DDR kennen.“ Zweifellos sei es wichtig, den Wandel geistlich zu begleiten und zu gestalten.  Als verlogen empfinde er es dagegen, die neuen Strukturen als Folge eines geistlichen Prozesses  und nicht zuerst als Reaktion auf krisenhafte Symptome hinzustellen.
Auch im Umgang mit der Bistumsverwaltung, dem Bischöflichen Ordinariat, macht Thomas Cech aus seiner Einstellung keinen Hehl. „Wenn wir unsere Erfahrungen aus der Praxis dort nicht einbringen, wächst die Gefahr, dass in Dresden Entscheidungen vom grünen Tisch aus gefällt werden“, meint er. In der Pastoralabteilung des Ordinariats ist er mit seinen konstruktiv-kritischen, zuweilen auch humorvollen Beiträgen durchaus geschätzt.
Was er von den angeforderten Stellungnahmen zur künftigen Nutzung einzelner Pfarreiimmobilien hält, brachte er zum Beispiel mit zwei sinnfälligen Buchstaben zum Ausdruck. Für das Löbauer Pfarrhaus und für den behindertengerechten Aufzug in Zittau musste jeweils ein so genanntes „qualifiziertes Votum“ erstellt werden. Dazu sollten Pfarrgemeinde- und Kirchräte sowie kirchliche Orte aller drei Pfarreien schriftlich Stellung beziehen. Als Pfarrer musste er daraus eine Zusammenfassung verfassenen. „Früher reichte ein Beschluss des Kirchenrates. Das Anliegen, möglichst viele Christen in Entscheidungen einzubeziehen, ist verständlich. Doch daraus ist ein bürokratisches Monstrum entstanden.“ Seinen Unmut verewigte er auf dem Titelblatt seiner Zusammenfassung: „Qualinfiziertes Votum“ war dort zu lesen, unterzeichnet vom „leidenden“ Pfarrer der Verantwortungsgemeinschaft. Dass daraufhin im Dresdner Ordinariat sogleich die Vorgaben für qualifizierte Voten verändert werden, hatte der Zittauer Geistliche wohl nicht erwartet. „Aufgrund der Reaktion habe ich aber mit Freude festgestellt, dass unser Votum nicht einfach nur abgeheftet, sondern aufmerksam gelesen wurde“, erzählt er schmunzelnd. Auch die Zuarbeit des Ordinariats für die Planungstreffen der Verantwortungsgemeinschaft findet Cech nicht immer nur hilfreich. „Die Steuerungsgruppen, die die Gesamttreffen vorbereiten, hatten den Eindruck, dort nur noch ein vorgegebenes Programm abnicken zu dürfen“, berichtet er. „Sie fanden, die Tagesordnung habe mit dem Leben in unseren Gemeinden nur wenig zu tun. Die Sozialraumanalyse, die wir pflichtgemäß erstellten, schauen wir uns voraussichtlich nie wieder an.“
Für das letzte Gesamttreffen ließ die Gruppe alle Vorgaben beiseite und wählte ein Thema, von dem sich die Vertreter der Gemeinden selbst betroffen fühlten:  Sie planten einen gemeinsamen Pfarrbrief für die künftige Pfarrei St. Marien und überlegten, wie er das Zusammenwachsen der Pfarreien gut begleiten und befördern könnte. Die erste Ausgabe des „Wegkreuzes“ – benannt nach dem langjährigen Internet-    auftritt – ist bereits erschienen.
 

„Wir müssen Kirche nicht neu denken“
„Ein großer Teil der Katholiken der Pfarrei hat sich mittlerweile auf den neuen Weg eingelassen – für die Zugpferde der Gemeinden kann ich das auf jeden Fall sagen“, schätzt Pfarrer Cech ein. In vielerlei Hinsicht kann die neue Pfarrei an reiche Erfahrungen anknüpfen, auch in geistlicher Hinsicht müsse „das Rad keinesfalls  neu erfunden werden.“
Für Zittau fallen ihm spontan die Gemeinschaft Christlichen Lebens ein, die Misereor-Sonntage, die Wallfahrten, das christliche Kinderhaus, die polnischen Katholiken und eine Frömmigkeit, die sich schwer zuordnen lasse, die aber zum Beispiel in den Katechesen erlebbar sei, die sonntags parallel zur heiligen Messe stattfinden. In Ostritz denkt er zuerst an die Gemeindemitglieder, die sich aus christlicher Motivation heraus für das Friedensfest der Stadt engagieren, das christliche Leben im Kinderhaus und im Altenpflegeheim. In Löbau lebe vieles aus der ökumenischen Gemeinschaft mit der Herrnhuter Brüdergemeine heraus. Unter anderem gebe es hier mehrmals im Jahr ein „Gebet für die Stadt.“
„Wir müssen Kirche neu denken“ ist ein Satz, auf den Pfarrer Cech allergisch reagiert: „Das ist doch nicht unsere Kirche! Natürlich müssen wir uns ständig reformieren, aber dabei greifen wir immer auf Vorhandenes zurück!“

Der Pfarreigründungsgottesdienst mit Bischof Heinrich Timmerevers beginnt am 7. Juli um 10 Uhr in Zittau. Zu den Höhepunkten des anschließenden Programms gehört das Musical Donnersöhne.

Von Dorothee Wanzek