Prämonstratenser bauen in Magdeburg

Wieder ein Kloster am Elbufer

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Der Konvent der Prämonstratenser in Magdeburg baut in den Ökumenischen Höfen ein Klostergebäude. Mit ihrem Engagement wollen die Ordensleute nicht zuletzt der Situation der Menschen hierzulande begegnen.

Prämonstratenser-Prior Clemens Dölken vor der teilweise ausgehobenen Baugrube für einen Klosterbau, dahinter das Gemeindehaus aus DDR-Tagen und die St.-Petri-Kirche, rechts im Bild ein Gebäudeteil des evanglischen Zentrums. | Foto: Eckhard Pohl

 

„Endlich werden wir hier in der Altstadt als Klostergemeinschaft wahrgenommen werden“, freut sich Pater Dr. Clemens Dölken von den Magdeburger Prämonstratensern. „Es wird hier ein Zentrum entstehen für die verschiedenen Kreise, Gruppen und Gemeinden, mit denen wir Christsein zu leben versuchen. Und wir werden kürzere Wege haben zwischen Wohnen, gemeinsamem Beten und Arbeiten als dies bisher der Fall ist.“
Pater Clemens ist Prior des vierköpfigen Prämonstratenser-Konvents in Magdeburg. Er selbst kam bereits 1991 aus der Abtei Hamborn nahe Duisburg an die Elbe. Im 12. Jahrhundert hatte der Gründer der Prämonstratenser, Norbert von Xanten, als Bischof des Erzbistums Magdeburg hier eine Ordensniederlassung errichtet, die bis ins 17. Jahrhundert bestand. Dölken, der auch Wirtschaftswissenschaftler ist, wollte nach der politischen Wende daran anknüpfen und gründete am Ort der ursprünglichen Grablege des heiligen Norbert das Hilfswerk Subsidiaris für Kirche und Gesellschaft. Mit Subsidiaris konnte er in der gesellschaftlichen Umbruchszeit unter anderem einige Arbeitsplätze schaffen. Fünf Jahre später kamen drei weitere Mitbrüder in Magdeburg hinzu, 1996 entstand ein Prämonstratenser-Priorat. Die Chorherren kamen provisorisch im Pfarrhaus im östlich der Elbe gelegenen Stadtteil Cracau unter, wo sie bis heute wohnen und von dort aus zwei große Pfarreien leiten, in Schulseelsorge, Studenten- und Jugendarbeit tätig sind und weitere Aufgaben wahrnehmen. Dabei stellt sich seit Jahren die Frage nach einem eigenen kleinen Kloster.
 

ZUR SACHE
IN MAGDEBURG ZU HAUSE
1129 wandelte Erzbischof und Ordensgründer Norbert von Xanten das Kollegiatsstift „Unser Lieben Frauen“ in Magdeburg in ein Prämonstratenserkloster um. Das Kloster gründete zahlreiche Tochterklöster. Norbert wurde 1134 in seiner Lieblingsgründung beerdigt.
In Zeiten großer Blüte wurde die Klosterkirche 1220 bis 1240 mit gotischen Gewölben ausgestattet, behielt aber ihren romanischen Charakter. Während der Reformation blieb das Kloster katholisch. 1601 verließen die Ordensleute Magdeburg. 1628 wurden die Gebeine des 1582 heilig gesprochenen Ordensgründers Norbert nach Prag-Strahov überführt. Nochmals kamen bis 1632 Prämonstratenser in die Stadt. Danach entstand im Kloster ein evangelisches Kanonikerstift und später eine Bildungseinrichtung. In der DDR wurde die Kirche zur Konzerthalle und ein Kunstmuseum eingerichtet. Seit 2018 ist die ursprüngliche Grablege Norberts wieder zugänglich.

Ziel eines eigenen Klosters rückt näher
Jetzt rückt dieses Ziel in greifbare Nähe. Auf dem Gelände neben der Universitätskirche St. Petri am westlichen hohen Elbufer ist bereits ein Teil der Baugrube ausgehoben. „Wir errichten hier neben dem in den 1970er Jahren entstandenen Gemeindehaus ein Gebäude mit Tiefgarage, Küche und Aufenthaltsräumen, Zimmern für bis zu sechs Mitbrüder, Gästezimmern und einem Gemeinschaftsraum auf der Dachterasse“, erklärt Pater Clemens. Zu einem späteren Zeitpunkt solle der in seinem Untergeschoss erhaltene Lutherturm in der sich an den Neubau anschließenden Stadtmauer wiederaufgebaut und einbezogen werden. Ein Fördervein helfe, Mittel für den rund zwei Millionen Euro teuren Bau zu beschaffen, da die Prämonstratenser über keine eigenen Mittel für den Bau verfügten. Das Gemeindehaus aus der DDR-Zeit, so Pater Clemens weiter, werde seitens des Bistums Magdeburg für die Seelsorgearbeit saniert. „Hier entstehen zum Beispiel im Untergeschoss Räumlichkeiten für die Jugendarbeit, aber etwa auch Büroräume.“ „Der Jugendtrakt mit einen eigenen Zugang von der Elbböschung her wird Möglichkeiten auch im Sinne eines klösterlichen ,Ora et labora‘-Angebots für Jugendliche eröffnen“, hofft Pater Clemens. Beide Vorhaben werden vom Bonifatiuswerk mit zehn Prozent bezuschusst. Später soll zwischen Klosterneubau, altem Gemeindehaus und St.-Petri-Kirche ein Verbindungsgang geschaffen werden. „Wir hoffen, als Prämonstratenser hier klösterliches Leben fest etablieren zu können“, sagt der Prior.
Im Zuge der Planungen seien aber noch weitere Aspekte in den Blick gekommen: Nur wenige Meter von St. Petri entfernt befindet sich die Wallonerkirche, die von der evangelischen Altstadtgemeinde und der reformierten Gemeinde genutzt wird. In dem zu DDR-Zeiten an die Wallonerkirche angebauten dreiseitigen Gebäudekomplex ist auch die Evangelische Studentengemeinde zu Hause. „Nicht zuletzt auf Anregung von evangelischer Seite sprechen wir seit einiger Zeit von den ökumenischen Höfen“, betont Clemens Dölken, der selbst auch der katholische Studentenseelsorger ist. „Die räumliche Nähe führt zu einer Konzentration kirchlicher Aktivitäten mit generationenübergreifendem Miteinander. Es ergibt sich die Chance, diese räumliche Nähe für Begegnungen und gemeinsame Veranstaltungen zu nutzen.“ Die evangelische Seite überlege unter anderem, in den Höfen Räume für studentisches Wohnen zu schaffen, sagt Dölken. Katholischerseits werde auf dem Gelände künftig auch die Europäische St.-Norbert-Stiftung ihren Sitz haben. In ihrer Verantwortung entsteht in drei denkmalgeschützen Gebäuden entlang der Stadtmauer derzeit unter anderem Raum für selbstbestimmtes Wohnen für Demenzkranke in Kooperation mit der Caritas.
 

Links hinten der Klosterneubau mit Lutherturm, rechts davon das in der DDR gebaute Gemeindehaus mit späterem Verbindungsgang hin zur St.-Petri-Kirche. Vorn rechts das Gemeindezentrum der Pfarr- und Studentengemeinde. | Zeichnung: Trompeter Münster Architekten

 

Ein Raum für Menschen verschiedener Konfession
„Mit all diesen Vorhaben einschließlich denkmalgerechter Wiederherstellung historischen Straßenraums wird zugleich ein bisher vernachlässigter Teil des Magdeburger Altstadtquartiers touristisch aufgewertet und öffentlich zugänglich“, sagt Dölken. „Durch die zentrumsnahe Lage könnte sich auch für Mitglieder anderer Religionen und alle Bürger ein Raum eröffnen, der zur Entdeckung von Kirche einlädt.“
Nach anfänglichen Aktivitäten ruhen die Bauarbeiten derzeit noch einmal. Archäologen untersuchen das Areal und vermuten eisenzeitliche Gräber, vielleicht eine Heinrichsburg hier, sagt Dölken. Aber im Oktober werde es dann richtig losgehen. Die Sanierung des alten Gemeindehauses soll nächsten Sommer fertig sein, der Klosterneubau Ende 2020, zu Beginn des Jubiläumsjahres. Denn dann werden die Prämonstratenser die Gründung ihres Ordens vor 900 Jahren im Tal von Prémontré bei Laon begehen. Als Ordensgründer Norbert von Xanten sechs Jahre später Erzbischof von Magdeburg wurde, brachte er die Prämonstratenser mit an die Elbe.
 
 
Von Eckhard Pohl