Fleischkonsum

Ab und zu eine Bulette

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Verschiedene Gemüsegerichte und Salate stehen auf einem Tisch
Nachweis

istockphoto/GMVozd

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Ein Festessen kann man auch ohne Fleisch zubereiten. Das schmeckt auch Vegetariern.

Was hat das Essen mit dem Klima zu tun? Unsere Ernährungsweise beeinflusst auch den CO2-Fußabdruck, den wir persönlich erzeugen. Weniger Fleischkonsum ist gut für die Umwelt und für unser Wohlbefinden, sagt eine Fachfrau für Hauswirtschaft im Interview.

Den Zusammenhang zwischen Ernährungsweise und Klimaschutz hat Angelika Brinkers schon bei verschiedenen Vortragsveranstaltungen der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd) beleuchtet. Wer etwas fürs Klima und seine eigene Gesundheit tun will, sollte weniger Fleisch essen, sagt Brinkers, Delegierte der kfd auf Bundesebene im ständigen Ausschuss Hauswirtschaft und Verbraucherthemen. 

Frau guckt in die Kamera

Ich kaufe mir einmal in der Woche eine Bulette, ansonsten verzichte ich auf Fleisch. Liege ich damit im Trend?

Damit liegen Sie voll im Trend und können sich als Flexitarier bezeichnen: Das bedeutet, sie möchten nicht ganz auf Fleisch verzichten, achten aber auf die Qualität und Herkunft und fördern durch die Reduzierung des Fleischkonsums ihre Gesundheit. 18 Prozent der Deutschen ernähren sich flexitarisch. 

Meine Eltern haben noch den Krieg erlebt; Fleisch zu essen, entsprang auch dem Bedürfnis, Hungerjahre wettzumachen. Aber es gab nicht jeden Tag einen Braten, sondern auch Rippchen und Gulasch. Wenn man in der Gaststätte essen geht, könnte man manchmal denken, es müsse immer ein großes Schnitzel sein?

Vor allen Dingen gab es den „Sonntagsbraten“ und nicht jeden Tag Fleisch. Und natürlich wurde alles vom Tier verwertet. Die Speisekarten der Restaurants haben sich aber den Ernährungstrends angepasst und man findet immer mehr vegetarische und auch vegane Gerichte. Es wäre allerdings schön, wenn diese auf der Speisekarte vorne präsentiert würden und nicht erst hinten.

Fürs Klima wäre es günstig, die Menschen würden insgesamt weniger Fleisch essen. Wie groß ist der Anteil der Personen in Deutschland, die auf Fleisch verzichten?

Zwölf Prozent der Deutschen ernähren sich vegetarisch/vegan und reduzieren dadurch ihren CO2-Ausstoß um etwa  47 Prozent. Aber auch diejenigen, die nicht ganz auf tierische Lebensmittel verzichten, haben einen großen Einfluss auf ihren CO2-Fußabdruck. 

Laut Statistik sind die meisten Vegetarier weiblich und unter 30 Jahre alt. 

Das stimmt, vielleicht ist bei den jüngeren Menschen die Bereitschaft höher, sich mit neuen Produkten und Rezepten auseinanderzusetzen. Männer müssen sich tatsächlich noch öfter für ihren Verzicht auf Fleisch rechtfertigen als Frauen. Liebgewonnene Essgewohnheiten zu ändern, fällt schwer. Da können wir von unseren Kindern und Enkeln vielleicht noch etwas lernen, vielleicht durch ein gemeinsames Kochen eines veganen Menüs? Bei mir zu Hause kochen wir zum Beispiel an Weihnachten gemeinsam. Weil mein Sohn und seine Freundin kein Fleisch essen, gibt es dann vegane Rouladen.

Auf Fleisch zu verzichten, schont das Klima, weil Rindfleisch eine schlechte Bilanz beim CO2-Fußabdruck hat. Also lieber Schweineschnitzel statt Rind?

Noch wichtiger ist die Herkunft der tierischen Lebensmittel, ein Rind, Schwein oder Huhn sollte aus artgerechter Haltung sein. Tiere, die artgerecht aufwachsen dürfen, verwerten Pflanzen, die wir nicht essen können und sorgen für wertvollen Dünger. Weniger und dafür gutes Fleisch, viel Gemüse und Hülsenfrüchte bringen Abwechslung auf den Teller. 

Viel bessere Klimabilanzen haben Möhren und Kartoffeln. Also sollte es öfter mal Eintopf mit Gemüse geben?

Ja, und das wäre auch im Sinne unserer Gesundheit, denn laut der deutschen Gesellschaft für Ernährung sollten wir täglich fünf Portionen Obst und Gemüse verzehren, um das Risiko für ernährungsmitbedingte Krankheiten zu reduzieren. Möhren und Kartoffeln aus dem regionalen Anbau und andere saisonale Früchte und Gemüse sind auf jeden Fall klimaschonender als zum Beispiel die Erdbeeren zu Weihnachten oder die sogenannte „Flugananas“, die per Luftfracht kommt statt mit dem Schff.

Oder als Avocados, die eingeflogen werden?

Bei Avocados kann man prüfen, wo sie herkommen, es gibt auch solche aus nachhaltigem Anbau aus Spanien oder Italien, die mit dem Lkw geliefert werden. Man sollte es auch mit dem Essen nicht zu verbissen sehen. Wer sich insgesamt klimafreundlich verhält, kann sich eine Avocado gönnen, auch wenn dies kein regionales Lebensmittel ist. 

Ein Blick in die Zukunft: Wie werden wir uns in Zukunft ernähren (müssen)?

Die Weltbevölkerung steigt bis 2050 auf 9,7 Milliarden Menschen. Um alle gut ernähren zu können, werden wir offen für neue Trends sein müssen. Fleischersatzprodukte auf Proteinbasis pflanzlicher Lebensmittel sind schon weit verbreitet. Neu für uns sind dann wohl Insekten und In-vitro-Fleisch auf dem Speiseplan, genauso wie Algen. Ein Team von Ernährungswissenschaftlern und Klimaexperten hat die „planetary health diet“ entwickelt. Sie beschreibt, wie unser Speiseplan aussehen sollte, um die Gesundheit der Menschen und unseres Planeten zu erhalten. Dafür müssten wir unseren Fleischkonsum drastisch reduzieren und den Verzehr von pflanzlichen Lebensmitteln in den Vordergrund stellen. 

Mehr unter: 
https://tinyurl.com/2xhzjsta

Interview: Andrea Kolhoff

Regional kaufen, Müll vermeiden

Wer sich klimafreundlich verhalten will, kann auf Folgendes achten:

  • Mehr Obst und Gemüse essen, weniger tierische Lebensmittel saisonal essen

  • Lebensmittelverschwendung vermeiden

  • Vorfahrt für Fußgänger und Radfahrer

  • Verpackungsmüll vermeiden

  • stromsparende Küchengeräte nutzen

  • regional einkaufen

  • Merksatz beachten: Bio ist gut fürs Klima

Fleischkonsum und Artenvielfalt

Der weltweit steigende Fleischkonsum hat nicht nur Auswirkungen auf den Ausstoß klimaschädlicher Treibhausgase, sondern beeinflusst auch die Artenvielfalt und befördert Armut unter der Landbevölkerung in Entwicklungsländern. Um Fleisch in großen Mengen für den globalen Markt zu produzieren, werden zum Beispiel in Lateinamerika Herden gehalten, für die Platz vorhanden sein muss. Außerdem sind viele Hektar Wald gerodet worden, um Anbauflächen für die Futterpflanzen für das Mastvieh im globalen Norden zu gewinnen, dadurch haben viele Tier- und Pflanzenarten ihren natürlichen Lebensraum verloren. Um die verbliebenen Flächen entsteht Konkurrenz. Die großen Agrarunternehmer können es sich leisten, hohe Pachtpreise für Grund und Boden zu zahlen. Den Kleinbauern gehen Flächen für den Lebensmittelanbau für den Eigenbedarf verloren. Die Artenvielfalt ist aber auch in Europa zurückgegangen, weil eine Landwirtschaft, in der große Maschinen eingesetzt werden, auch große Flächen erfordert; das führt zum Rückgang von Hecken und Gehölzgruppen in freier Natur. Hinzu kommt der Einsatz von Pestiziden. So sind mittlerweile die Städte zum Rückzugsort für viele Arten geworden. Um so wichtiger, dass städtische Gärten Wildnisecken bereithalten und Hecken statt Zäune bieten. (kol)