Impuls zur Sonntagslesung vom 02.03.2025

Der Dreh- und Angelpunkt

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Grabstein
Nachweis

Foto: imago/Zoonar

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„Auf Wiedersehen!“ Dieser Gruß an die Lebenden dürfte in Paulus’ Sinne sein.

Vier Wochen lang bis zu diesem Sonntag stammte die neutestamentliche Lesung aus demselben Kapitel des ersten Korintherbriefs. Das ist ungewöhnlich, aber angemessen. Denn in Kapitel 15 geht es um den Kern des Glaubens: die Auferstehung.

Manches am christlichen Glauben ist auch für Skeptiker nachvollziehbar: dass Jesus ein toller Typ war zum Beispiel; dass Nächstenliebe wichtig ist für die Gesellschaft; dass Gemeinschaft und Gemeinde sinnstiftend sein können. 

Aber Auferstehung? Ist das mehr als ein hilfreicher Wunschtraum, um über den Tod hinwegzukommen? Schon Kinder sind ja mit der Antwort „Oma ist im Himmel“ unzufrieden. „Ich sehe sie da oben aber gar nicht!“ Und wie soll das gehen mit den Milliarden Menschen – oder sogar Tieren? Wo haben die Platz? Was macht man im Himmel den ganzen Tag? Wie werden wir unsere Lieben wiedersehen: als alte Menschen oder in der Blüte ihres Lebens? Und was ist mit verstorbenen Babys? Bleiben die für immer Babys?

Solche Fragen hat nicht nur das heutige skeptische Denken, solche und ähnliche Fragen hatten auch die Menschen zur Zeit Jesu. Zum Beispiel die Schriftgelehrten, die wissen wollten, welchen von ihren verstorbenen Ehemännern eine Frau im Himmel denn nun heiraten soll.

Auch die Menschen, die in der Hafenstadt Korinth eine frühe christliche Gemeinde bildeten, scheinen Probleme mit der Auferstehung – die Paulus Auferweckung nennt – gehabt zu haben. Ganz grundsätzliche. Logische. Ernsthafte. So ernsthaft, dass Paulus sich in seinem Brief lang und breit damit auseinandersetzt. Und das sind die Fragen, auf die er eingeht:

1. Wurde Jesus auferweckt?

Ja, da ist sich Paulus sicher, denn dafür gibt es Zeugen: „Er erschien dem Kephas, dann den Zwölf. Danach erschien er mehr als fünfhundert Brüdern zugleich; die meisten von ihnen sind noch am Leben ... Danach erschien er dem Jakobus, dann allen Aposteln.“ (15,5–7). Auch wenn Paulus in seiner Aufzählung Maria Magdalena unterschlägt, für ihn ist klar: Zahlreiche Menschen haben Jesus nach seinem Tod gesehen.

Und dann ist da noch Paulus selbst. Auch ihm erschien Jesus, wenn auch als Vision, nicht zum Anfassen. Aber doch zweifellos lebendig. Und er fasst zusammen: „Ob nun ich verkünde oder die anderen: Das ist unsere Botschaft.“ (15,11) 

2. Werden wir auferweckt?

Dass alle Menschen auferstehen, ist nicht selbstverständlich. Denn warum muss das, was für Jesus gilt, auch für alle anderen gelten? Jesus war schließlich nicht irgendwer, kein Mensch wie du und ich.

Paulus argumentiert dagegen und sein Argument ist nicht: Das müsst ihr halt glauben! Sein Argument ist theologisch. Er schreibt: „Da nämlich durch einen Menschen der Tod gekommen ist, kommt durch einen Menschen auch die Auferstehung der Toten. Denn wie in Adam alle sterben, so werden in Christus alle lebendig gemacht werden.“ (15,21–22).

Paulus glaubt also an eine grundlegende Solidarität: Wie alle Menschen in Adam gleich sind, so sind sie auch in Christus gleich. Wenn Gott also Jesus auferweckt hat, der Mensch war wie wir, wird er es auch mit uns tun. Das ist ein Glaube, ja. Aber er beruht auf einer gewissen Logik.

3. Ist dieser Glaube für Christen entscheidend?

Ja, auch da ist Paulus sicher und findet dafür ziemlich klare Worte: „Wenn aber Christus nicht auferweckt worden ist, dann ist euer Glaube nutzlos“ (15,17) … „Wenn wir allein für dieses Leben unsere Hoffnung auf Christus gesetzt haben, sind wir erbärmlicher daran als alle anderen Menschen“ (15,19) … „Wenn Tote nicht auferweckt werden, dann lasst uns essen und trinken; denn morgen sterben wir“ (15,32).

Allein an der Häufung dieser Aussagen sieht man: Für Paulus ist christlicher Glaube ohne den Glauben an die Auferweckung undenkbar. Nur für einen irdischen Jesus oder eine herausragende Ethik würde er jedenfalls nicht unter Lebensgefahr verkündigen. Er schreibt: „Täglich sehe ich dem Tod ins Auge. Wenn Tote gar nicht auferweckt werden, warum setzen wir uns dann stündlich der Gefahr aus?“ (15,30–31) Für Paulus ist klar: Die Auferweckung ist der Dreh- und Angelpunkt. 

4. Wie werden wir aussehen?

Darüber hat man sich offenbar immer Gedanken gemacht: Sind wir im Himmel Geister? Oder Engel? Haben wir Körper? Und wenn ja: welche?

Die Antwort des Paulus: „Du Tor!“ (15,36). Was für eine blöde, sinnlose Frage! Schau doch nur in die Welt, sagt Paulus. Gott hat jedem den Leib, das Aussehen gegeben, das er will: „Das Fleisch der Menschen ist anders als das des Viehs, das Fleisch der Vögel ist anders als das der Fische“ (15,39). Und das gilt für die ganze Schöpfung: „Der Glanz der Sonne ist anders als der Glanz des Mondes, anders als der Glanz der Sterne“ (15,41). Und wenn das jetzt so ist, dann wird es später auch so sein. „Wie wir jetzt nach dem Bild des Irdischen gestaltet wurden, so werden wir auch nach dem Bild des Himmlischen gestaltet werden“ (15,49).

Viel mehr ist dazu nicht zu sagen, außer, dass der himmlische Leib anders und besser sein wird als der irdische: „Was gesät wird, ist verweslich, was auferweckt wird, unverweslich. Was gesät wird, ist armselig, was auferweckt wird, herrlich. Was gesät wird, ist schwach, was auferweckt wird, ist stark“ (15,42–43).

5. Werden Menschen aller Zeiten auferweckt? 

Auch so etwas, das nicht selbstverständlich ist: Gilt die Auferweckung erst seit dem „Ersten der Entschlafenen“, also seit Christus? Was ist dann mit denen, die vorher gestorben sind? Und was ist mit denen, die noch leben, wenn Christus wiederkommt?

Was die früher Verstorbenen betrifft, gab es in Korinth etwas, das uns heute seltsam erscheint: Man ließ sich „für die Toten taufen“ (15,29) – ein frommes Werk, das Paulus nicht kritisiert, sondern sogar als Argument anführt: „Wenn Tote gar nicht auferweckt werden, warum sollte man sich dann taufen lassen für sie?“ Dass also die Auferweckung auch für Generationen vor Christus gilt, hält er zumindest nicht für ausgeschlossen.

Und dann verrät Paulus noch etwas: „Seht, ich enthülle euch ein Geheimnis: Wir werden nicht alle entschlafen, aber wir werden alle verwandelt werden – plötzlich, in einem Augenblick. Die Posaune wird erschallen, die Toten werden als Unverwesliche auferweckt, wir aber werden verwandelt werden … Dann erfüllt sich das Wort der Schrift: Verschlungen ist der Tod vom Sieg. Tod, wo ist dein Sieg? Tod, wo ist dein Stachel?“ (15,51–55) Halleluja!

Susanne Haverkamp