Bekenntnisschulen Bistum Osnabrück

Ein Auslaufmodell?

Image
23_03_schule_kirche.jpg

Katholische Bekenntnisschulen sind bei Eltern gut nachgefragt. Dennoch stehen einige vor der Auflösung. Der Grund sind staatliche Vorgaben bei der Aufnahmequote. Verhandlungen scheitern, weil Bischöfe sich nicht einig sind.


Das Kennenlernen einer Kirche – für die Schülerinnen und Schüler von Bekenntnisschulen wie hier der Heilig-Geist-Schule, Osnabrück, gehört das selbstverständlich zum Schulalltag dazu. Foto: Heilig-Geist-Schule/Felix Rothermundt

Eine religiöse Glaubensvermittlung ist Andrea Nöring wichtig. Sie selbst hat sie in ihrer Grundschulzeit erfahren und auch ihre Kinder sollen sie erleben. „Martinsumzug, Nikolausfeier, Vorbereitung auf die christlichen Feste, Aschermittwoch, eine gestaltete Adventszeit, das tägliche Morgengebet – all das macht das Schulleben hier aus“, schwärmt sie. Andrea Nöring war selbst Schülerin an der katholischen Benedikt-Grundschule in Fürstenau. Ganz bewusst hat sie nun auch ihre drei Kinder dort angemeldet. „Diese Schule hat ein christliches Leitbild, das hier gelebt wird. Ich finde es wichtig, dass meine Kinder diesen religiösen Hintergrund erhalten und das christlich geprägte Miteinander erleben“, betont sie. 

Dass dies in Zukunft so bleiben kann, hofft sie sehr. Sicher ist das nicht. In dieser Woche stimmen die Eltern der derzeitigen Schüler darüber ab, ob die Grundschule eine katholische Bekenntnisschule bleibt oder Schule für Schüler aller Bekenntnisse wird.

Der Hintergrund: Die Samtgemeinde Fürstenau als Trägerin der Einrichtung will das Schulgebäude sanieren und die Schule erweitern. Der Bedarf an Schulplätzen ist groß. Bei den Investitionen möchte die Kommune Planungssicherheit haben. Der Samtgemeindebürgermeister Matthias Wübbel erklärt das Dilemma: „Der Anteil katholischer Schüler an dieser Schule ist durch die Quote gesetzt und schon bei der derzeitigen Einzügigkeit kaum noch zu halten. Die Zeit, sich auf das Bekenntnis zu beschränken, ist einfach vorbei.“ Wenn die Kommune einen Ausbau vornehme, müsse gewährleistet sein, dass die Schule entsprechende Schülerzahlen aufnehmen könne, sagt er und betont: „Wir wollen niemandem etwas wegnehmen, aber wir müssen Investitionen absichern.“

Aufnahmebegrenzung führt zu Spannungen

Eine Entwicklung, die Winfried Verburg, Leiter der Abteilung Schulen und Hochschulen im Bistum, maßlos ärgert. Bereits seit vielen Jahren arbeitet er an der Weiterentwicklung der Bekenntnisgrundschulen in Niedersachsen und der kirchlichen Ersatzschulen. Sein Vorschlag: Die Grundschulen sollen zu christlichen Bekenntnisschulen umgewandelt werden. Er betont: „Die Aufnahmebegrenzung bezüglich bekenntnisfremder Kinder führt zu ökumenischen Spannungen und zu einem erhöhten Anteil von Kindern mit Migrationshintergrund an umliegenden Grundschulen.“

Verburg spricht von „leidigen Vorgaben“ und strebt Verhandlungen an mit dem Ziel, die Quote von 70 Prozent auf Schüler auszuweiten, die Mitglied einer christlichen Kirche sind. Eine Aufnahme der Verhandlungen mit dem Land in Richtung dieser christlichen Bekenntnisschulen ist bisher daran gescheitert, dass die Kirchen in Niedersachsen sich nicht einig sind: Die Bischöfe von Osnabrück und Hildesheim stehen einer Entwicklung zu christlichen Bekenntnisschulen positiv gegenüber, der Weihbischof in Vechta ist bislang dagegen.

Für Sigrid Lange-Glandorf, Leiterin der Heilig-Geist-Schule in Osnabrück, die noch nicht von einer Auflösung betroffen ist, ist diese Entwicklung auch mit Blick auf den angestrebten christlichen Religionsunterricht in Niedersachsen ungemein wichtig: „Wir müssen ja auch evangelische Familien ablehnen, wenn die Quote voll ist. Das hätte dann keine Berechtigung mehr.“ 

Die Lage ist desolat. Winfried Verburg erklärt: „Wenn nichts passiert, wird es diese Schulen in zehn Jahren nicht mehr geben.“ Bereits vor drei Jahren hielten allein im Bistum Osnabrück von den 13 katholischen Bekenntnisgrundschulen nur noch sieben den Anteil von 70 Prozent katholischer Schüler ein. Die Zahlen werden von den Kommunen ständig überprüft und gegebenenfalls Elternabstimmungen eingeleitet. Jüngstes Beispiel: Erst im November stimmten Eltern in Meppen aufgrund dieser Entwicklung für eine Umwandlung der kleinen Bekenntnisschulen Hasebrinkschule und Overbergschule in Schulen für Schüler aller Bekenntnisse, die zum nächsten Schuljahr vollzogen wird. Schulleitungen und Kollegien bedauern diesen Schritt sehr und wünschen sich, dass das christliche Leitbild und die gute Zusammenarbeit mit den Kirchengemeinden dennoch erhalten bleiben können. „Das war und ist authentisch gelebte christliche Kultur, die nicht einfach wie eine Jacke ausgezogen wird“, so Astrid Bogatz-Hunker, Leiterin der Hasebrinkschule. 

"Wenn wir warten, wird die Schule ausbluten"

Für Winfried Verburg ist diese Entwicklung bitter, denn die Bedeutung dieser Schulen wachse in einer zunehmenden Minderheitensituation der beiden Kirchen, betont er. An öffentlichen Grundschulen ohne Bekenntnischarakter werde bei Eltern und Lehrkräften die Akzeptanz des Religionsunterrichtes, schulpastoraler Angebote und christlicher Elemente schwinden.

Diese Entwicklung befürchtet auch die Schulleiterin der Benedikt-Grundschule, Elke Kessler. Sie arbeitet dort seit 34 Jahren und betont: „Das christliche Profil macht uns aus, religiöse Angebote sind feste Elemente im Schulalltag.“ Im Falle einer Umwandlung möchte auch sie dieses Profil erhalten – wenigstens im Leitbild. Die Möglichkeit, christliche Schule zu werden, hätte die Schulleiterin gern wahrgenommen. Für sie kommen Verhandlungen zu spät: „Wenn wir warten, wird die Schule ausbluten.“

Enttäuscht sagt Winfried Verburg: „Da gibt jetzt eine Schule ihren Status auf, weil die Kirchen sich nicht bewegt haben.“ Er betont: „Schulen sind ein Bereich von Kirche, der nachgefragt wird. Hier haben wir Kontakt mit Familien, bilden Leute aus, die in unseren Pflegeeinrichtungen und Kitas arbeiten.“ Zuschüsse zu kürzen, Verhandlungen zu blockieren, das alles sei sehr kurzsichtig, kritisiert er und fragt: „Mit wem will man denn in 20 oder 30 Jahren noch Kirche machen?“

Astrid Fleute


Zur Sache

Katholische Bekenntnisschulen sind öffentliche Grundschulen für Schülerinnen und Schüler katholischen Bekenntnisses. Träger ist die Kommune. Die Regelungen für die Bekenntnisschulen in Niedersachsen basieren auf dem Konkordat von 1965 zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Land im Rahmen der Teilung der Volksschulen in Grund- und Hauptschulen. 

Laut Schulgesetz müssen 70 Prozent der Schüler dieser Schulen katholisch sein. Wenn dieser Anteil seit mindestens vier Jahren daruntersinkt, muss die Kommune eine Abstimmung unter den Erziehungsberechtigten durchführen. Eine solche Abstimmung läuft in Fürstenau an der Benedikt-Grundschule; in Meppen haben Eltern der Hasebrink- und Overbergschule Ende 2022 abgestimmt. Neben diesen drei gibt es im Bistum folgende katholische Bekenntnisschulen: Osnabrück: Elisabethschule, Heilig-Geist-Schule, Bernard-Overberg-Schule; Bohmte: Christophorusschule; Bramsche: Martinusschule; Melle: Schule im Engelgarten; Lingen: Castellschule, Wilhelm-Berning-Schule; Nordhorn: Marienschule; Schüttorf: Katholische Grundschule.