Benediktinerin Lydia Stritzl
„Ich wusste: Das ist es!“
Foto: Christa Kaddar
„Klavierspielen wurde mir verordnet, damit ich später auf dem Gymnasium keine Schwierigkeiten in Musik haben sollte“, erzählt Schwester Lydia Stritzl, die in der Nähe von Marburg aufgewachsen ist. „Meine Eltern liebten Musik, meine Mutter hat gerne gesungen, aber ein Instrument spielte bis dahin niemand in der Familie.“ Lydia – oder genauer gesagt Hildegard, wie sie damals hieß – machte 1978 an der Elisabethschule in Marburg Abitur. Schwierigkeiten in Musik hatte sie tatsächlich nie. Sie liebte das Klavierspielen von Anfang an, übte freiwillig und nahm außerdem noch Unterricht in Blockflöte und Querflöte. Akkordeon, Trompete und Gitarre brachte sie sich selbst bei. Vor ihrem Studium lernte sie noch drei Jahre Cello, denn sie wusste schon damals, dass sie der Musik auch beruflich einen Platz in ihrem Leben einräumen wollte. Sie studierte in Mainz Musik und Englisch für das Lehramt am Gymnasium. Im Fach Musik belegte sie Querflöte als Hauptfach, Klavier und Gesang als Nebenfächer.
„Als ich in Mainz studierte, habe ich in Mainz-Kostheim gewohnt und bis 1989, bis zu meinem Eintritt ins Kloster, den evangelischen Kirchenchor der Michaelsgemeinde geleitet. Bei den Katholiken in Mainz-Kastel habe ich Orgel gespielt und die Kinder- und Jugendschola geleitet.“ Bei einer Tagung in Ilbenstadt kam sie in Kontakt mit Schwester Liobgid Koch aus dem Kloster Engelthal. „Das war mein erster Kontakt mit Benediktinerinnen und gregorianischem Choral“, erinnert sie sich.
Frömmigkeit geprägt von Mutter und Oma
„Von meiner Mutter, und noch mehr von meiner Oma habe ich eine Frömmigkeit mitbekommen, die mich geprägt hat“, erzählt Schwester Lydia. Aber einen konkreten Plan, selbst Nonne zu werden, hatte sie bis dahin noch nicht, auch wenn sie von Kindheit an fasziniert war von der Kleidung der Ordensfrauen und von den Klostergebäuden. Sie erinnert sich genau an den entscheidenden Moment. Bei einem Abschlusskonzert zu einer Tagung hatte sie ein Sopransolo zu singen: „Meine Seele harret auf den Herrn“ aus Psalm 130 waren die ersten Worte, bei denen ihr klar wurde: „Ich muss es tun! Ich muss ins Kloster eintreten!“ Bis es so weit war, vergingen noch fünf Jahre.
„Als ich am Dritten Advent 1987 die Abtei St. Hildegard in Eibingen besuchte, mein Auto auf dem Parkplatz abgestellt hatte und auf das Haus zuging, wusste ich: Das ist es!“ Sie ging zunächst nur in die Kirche; erst vier Monate später traute sie sich, an der Pforte zu klingeln. Schwester Hiltrud Gutjahr öffnete die Tür und fragte nach ihrem Anliegen. „Ich bin auf der Suche nach einer Gemeinschaft“, war ihre Antwort – und sie wurde sogleich an die Novizenmeisterin Schwester Simone verwiesen. Im August 1988 bat sie um Aufnahme, im Februar 1989 trat sie ein.
Schwester Lydia hat die Musik mitgenommen ins Kloster. Von Anfang an war sie als Organistin in der Abteikirche eingebunden. Am Anfang war sie eine von mehreren Schwestern, mit denen sie sich den Dienst an der Orgel teilte. Inzwischen ist sie die einzige. Bei besonderen Veranstaltungen spielt sie auch Querflöte.
Zur Person
Musikalisches Multitalent
Schwester Lydia Stritzl hat neben der Musik noch zahlreiche andere Aufgaben, zum Beispiel im Klosterladen, wo sie neben Schwester Thekla Baumgart vor allem für den Weinverkauf zuständig ist. Dafür hat sie sich in Weinseminaren fortgebildet.
Im Gästebereich ist Schwester Lydia für die geistliche Begleitung bei Exerzitien zuständig. Außerdem gibt sie Kurse zur Musik der heiligen Hildegard. Seit fast drei Jahren ist sie Hospizhelferin.
Die Vorsitzende des Ordensrats ist auch Oblatenrektorin der Abtei und Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft der Benediktineroblaten im deutschsprachigen Raum.