Gottesdienste mit Kindern
Immer wieder sonntags ...
Selbstverständlich ist es längst nicht mehr, dass Kinder sonntags mit ihren Eltern in den Gottesdienst gehen. Je älter sie werden, desto schwieriger wird diese Diskussion. Eltern sollten ihnen Freiräume lassen, ohne die eigenen Überzeugungen zu verstecken.
Der sonntägliche Kirchgang – in vielen Familien sorgt er für Diskussionen. Je älter die Kinder werden, desto weniger Interesse haben sie oft am Gottesdienstbesuch. Was können Eltern oder auch Großeltern tun? Zwang und Druck auszuüben, hilft nicht weiter. Vielmehr sollten Eltern versuchen, ihren eigenen Glauben authentisch zu leben, ihre Kinder zu verstehen und offen miteinander über das Thema zu sprechen.
Eine Beziehung zur Gemeinde aufbauen
„So banal es klingen mag, aber es geht hier viel um Beziehung. Man muss sich kennen“, betont Bärbel Grote aus der Abteilung Seelsorge im Bistum Osnbrück. Sie ist zuständig für die Kindertagesstätten, in denen im besten Fall schon ein erster Kontakt zur Gemeinde entstehen kann. „In der Kita lernen die Familien einen Kirchort kennen, an dem sie sich wohlfühlen. Hier feiern sie kindgerechte Gottesdienste und erleben ein passende Liturgie.“ Grote ist überzeugt: „Wenn ich hier Personen kennenlerne, die ich dann sonntags in der Gemeinde wiedertreffe, fällt es mir leichter, aus der Kita heraus ans Gemeindeleben anzuknüpfen.“ Daher sei es wichtig, dass die Gemeinde sich vor Ort auch in der Kita zeige. „Das müssen nicht nur die Hauptamtlichen sein. Auch aktive Gemeindemitglieder können zum Vorlesen in die Einrichtung kommen oder in der Küche mithelfen, Senioren können mit den Kindern basteln oder werkeln, Pfarrgemeinderatsmitglieder im Garten helfen oder ein Elterncafé anbieten.“ Das sei für Familien eine erste wichtige Basis, um ins Gemeindeleben hineinzuwachsen.
Netzwerke mit anderen Familien knüpfen
Ist erst ein Netzwerk von Kontakten geknüpft, fällt es Eltern oft leichter, ihre Kinder in einem bestimmten Alter weiter mit in den Gottesdienst zu bekommen. Wenn sie dort Freunde und andere bekannte Gesichter treffen, ist die Motivation gleich größer. Oder wenn Eltern darauf verweisen können, dass nach dem Gottesdienst noch etwas los ist, zum Beispiel ein Frühschoppen im Gemeindehaus mit Spielen für die Kinder. „Kinder bis zum Erstkommunionalter gehen locker mit, wenn die Eltern gehen“, meint Albert Biesinger, emeritierter Professor für Religionspädagogik, Vater, Großvater und Diakon. Wenn das Angebot dann auch noch altersgerecht gestaltet ist, umso besser.
Gemeinden müssen umdenken
Leider sieht die Realität oft anders aus: Nicht nur Jugendliche, auch schon Familien mit kleinen Kindern fühlen sich im klassischen Gemeindegottesdienst häufig nicht willkommen oder angesprochen. „Das ist langweilig“ oder „Wir haben das Gefühl, dass unsere Kinder stören“, sind häufige Reaktionen. „Es gibt heute nicht mehr das eine passende Angebot für die ganze Gemeinde“, ist Timo Hilberink, Referent für Ministrantenpastoral im Bistum Osnabrück, überzeugt. Der Sonntagsgottesdienst sei nicht mehr das einzige passende Modell. Gemeinden sollten neue Formen ausprobieren, Gruppen gezielt ansprechen. Hier gebe es schon viele gute Ansätze: Sonntagssegen für die Kleinsten, Krabbelgottesdienste am Nachmittag, Gottesdienste für Ausgeschlafene, die Jugendvesper, ein Gottesdienst mit Angeboten für alle Generationen. „Es muss auch nicht immer der Sonntag sein“, betont er. Über individuelle Angebote gelinge es besser, Menschen anzusprechen. „Und wenn die Freunde dann auch noch mitkommen – umso besser.“
Eltern sollten gelassen bleiben
Die Pubertät ist eine schwierige Zeit für Gottesdienstbesuche. Jugendliche hinterfragen alles, was ihre Eltern für gut und richtig halten. In dieser Phase schadet Zwang mehr, als er nutzt. „Es gibt kein Patentrezept“, weiß auch Bärbel Grote und setzt auf das Vorbild der Eltern: „Es bringt nichts, wenn ich die Kinder zwinge, mit in den Gottesdienst zu gehen. Aber ich kann gehen und ihnen erzählen, warum mir das wichtig ist.“ Alternative Angebote seien darüber hinaus eine gute Gelegenheit, die Vielfalt von Kirche und Liturgie kennenzulernen. Auch Timo Hilberink plädiert für mehr Gelassenheit: „Wir sollten die Kinder in ihrer Kritik ernst nehmen, ihnen die Freiheit lassen, einen eigenen Standpunkt zu entwickeln, aber im Gespräch bleiben.“ Hierfür könnten Eltern Anlässe wie Weihnachten und Ostern nutzen, an denen Familie traditionell gemeinsam in die Kirche gehe. Aber auch der Todestag der Oma oder andere Jahresgedächtnisse seien eine gute Gelegenheit für einen Austausch.
Auf die Wurzeln vertrauen
Oft finden Kinder in späteren Lebensphasen, zum Beispiel wenn sie eigene Kinder haben, zum Glauben zurück. Das erlebt Bärbel Grote regelmäßig in den Kinderkrippen. „Die jungen Erwachsenen erinnern sich, was sie in ihrer Kindheit erlebt haben, was ihren Eltern wichtig war. Und sie wollen es auch ihren Kindern mitgeben.“ Daher sei die Willkommenskultur in Kita und Gemeinde eine ganz große Chance, den Glauben neu zu entdecken. „Es ist sehr tröstlich zu erleben, dass da wieder etwas aufbricht.“
Astrid Fleute