Ausstellung alter Kirchenschätze in Ostercappeln
Runter vom Dachboden, rein ins Licht
Die Situation ist für die Kirchengemeinden im Bistum nicht ungewöhnlich: Wertvolles ist oft bereits im Bestand des Diözesanmuseums, vermeintlich Minderwertiges ist dagegen vor Ort verblieben. Wie man damit gut umgehen kann, zeigt eine Ausstellung zum Kirchenjubiläum in Ostercappeln.
In Ostercappeln sorgten sich vor allem der ehemalige Dechant Bernhard Stecker und der Heimatforscher Franz Koll um die verbliebenen Stücke. Der Dechant ließ wichtige Arbeiten fachkundig restaurieren und an den Wänden des Pfarrhauses anbringen, während Franz Koll ihrer Geschichte nachspürte. Dazu gehören barocke Madonnenbilder oder Schnitzwerke vom Korb der historistischen Kanzel, während Heiligenfiguren aus Gips und andere Stücke als teils verkitschte Relikte im Keller und auf dem Dachboden abgestellt wurden. Auch das Diözesanmuseum in Osnabrück stufte solche Objekte früher als sammlungsunwürdig ein.
Gleichwohl sind Gipsstatuen besonders beschädigungsanfällig und zugleich im ausgehenden 19. und frühen 20. Jahrhundert in ihrem Einfluss auf das Bild vom Heiligen kaum zu unterschätzen. Stil- und geschmacksbildender als viele mittelalterliche oder frühneuzeitliche Spitzenstücke hielten sie in kleineren Versionen auch Einzug in private Wohnungen und prägten so die private Frömmigkeit mehrerer Generationen.
Symbol für die Treue zu Kaiser und Kirche
Für andere Objekte fehlt bisweilen auch Fachleuten der historische Hintergrund zu einer umfassenden Bewertung: So bewahrt die St.-Lambertus-Gemeinde ein benageltes 110 mal 58,5 Zentimeter messendes Holzbild, das sich auf die Jahre 1914 bis 1917 und damit auf den Ersten Weltkriegs bezieht. Wohl im Zuge einer Spendenaktion entstanden, ist unter einem genagelten Malteserkreuz auf rotem Grund der Appell an die Gottesmutter zu lesen: „Helferin der Christen, bitte für uns“. Über dem Kreuz symbolisieren ein stilisiertes M samt Reichskrone die Treue der Ostercappelner Katholiken zu Kaiser und Kirche.
Jubiläum mit einer Ausstellung würdigen
Im Dezember 2023 gedenkt die St.-Lambertus-Gemeinde der Vollendung ihrer vor 150 Jahren neu erbauten Pfarrkirche und wollte dieses runde Jubiläum im Vorfeld mit einer historischen Ausstellung würdigen: kuratiert von Franz Koll, Gemeindereferentin Julia Kühling, dem stellvertretenden Kirchenvorstandsvorsitzenden Frank Ortmeyer und Yvonne Brackmann und dabei unterstützt von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Diözesanmuseum Osnabrück.
In der Alten Mädchenschule am Kirchplatz zeigt das Team einen Querschnitt aus den Relikten des Pfarrhauses sowie Stücken aus der Sakristei der Pfarrkirche, wobei der Blick nicht zuletzt den Sorgen und Nöten der Ostercappelner Katholiken im Ersten und Zweiten Weltkrieg gilt. So ist neben dem Nagelbild auch ein gerahmtes Gelübde zu Gebet und Prozession aus den letzten Wochen des Zweiten Weltkriegs zu betrachten. Für gewöhnlich in der Sakristei aufgehängt, werden die hier formulierten Gebetsverpflichtungen noch heute in Ostercappeln erfüllt.
An die ehemaligen Hochaltäre der Kirche erinnern ein Lamm Gottes und ein Pelikan, die den Opfertod Christi symbolisieren: Während das vom Osnabrücker Bildhauer Willi Witte in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts geschaffene Lamm auf die in der Bibel geschilderte Apokalypse des Johannes zurückgeht, steht der ältere Pelikan symbolisch für jene elterliche Selbstlosigkeit, die die Jungvögel mit dem eigenen Blut nährt. Eine Bildhauerarbeit von Christus als Gutem Hirten zierte einst mit drei weiteren Bildnissen die neugotische Kanzel der St.-Lambertus-Kirche, während zwei gemalte Madonnen mit Kind für unterschiedliche Facetten der örtlichen Marienfrömmigkeit stehen und betont freundliche Zugänge zum Glauben schaffen.
Ein Kreuz schlägt den Bogen zur Karwoche
Ergänzend zur Ausstellung in der Alten Mädchenschule haben die Kuratoren in der Pfarrkirche weitere Objekte aus deren langer Geschichte inszeniert. Ein Baldachin und bunte Fahnen spiegeln die facettenreiche Prozessionstradition der Gemeinde – nicht zuletzt in den katholischen Vereinen. Im Chorraum der Kirche schlägt ein hölzernes, mit den Marterwerkzeugen aus der Passion Christi versehenes Kreuz den Bogen zur Karwoche.
Parallel präsentiert das Diözesanmuseum in Osnabrück in seiner Blickpunktvitrine im Forum am Dom eine äußerst qualitätvolle Skulptur Johannes des Täufers, die der Münsteraner Bildhauer Evert van Roden zu Beginn des 16. Jahrhunderts für die Kirche in Ostercappeln schuf. Schnitzwerke des sogenannten Meisters von Osnabrück für St. Lambertus befinden sich darüber hinaus in der Dauerausstellung des Diözesanmuseums. Dieses bedankt sich für die gelungene Zusammenarbeit, indem es Ostercappelner Bürgern bis zum Ende der dortigen Ausstellung am 23. April freien Eintritt gewährt.
Hermann Queckenstedt
Der Autor ist Direktor des Osnabrücker Diözesanmuseums.