Gebet der Religionen in Bremen

Sehnsucht nach Frieden

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„Religionen beten für den Frieden“ heißt es erneut am Sonntag, 19. Januar, im Bremer Rathaus. Seit 20 Jahren kommen einmal jährlich Vertreter der verschiedenen Religionen zusammen. Fragen an Pastoralreferent Johannes Gebbe aus der Pfarrei St. Marien, der das Gebet diesmal moderiert.


Vertreter der Religionen treffen sich seit 20 Jahren zu Friedensgebeten im Bremer Rathaus wie hier 2017. Foto: Katholischer Gemeindeverband Bremen

Wie sind die interreligiösen Friedensgebete überhaupt entstanden?

Die Initiative haben Vertreter der Bahai-Religion ergriffen. 1999 tobte der Kosovo-Krieg, in dem sich auch Christen und Muslime bekämpften. Die Bahai unterbreiteten damals den Vorschlag, in Bremen interreligiöse Friedensandachten zu veranstalten. So fing alles an.

Welche Religionen sind mittlerweile dabei? 

Vertreten sind das Alevitentum, die Bahai-Religion, der Buddhismus, das Christentum, der Hinduismus, der Islam, das Judentum und das Yesidentum.

Die Krise zwischen der USA und dem Iran ist nur ein Beispiel dafür, dass die Welt nicht friedlicher geworden ist. Welche Rolle spielen aktuelle Kriege und Konflikte bei den Friedensgebeten?

Zunächst keine. Die Gebete sind religiös motiviert. Das heißt, wir transportieren keinerlei politische Botschaft. Im Mittelpunkt stehen Texte aus den heiligen Schriften. Allerdings ist auch der Bürgermeister dabei, wenn wir uns im Rathaus treffen, und spricht zu Beginn ein Grußwort. 

Warum treffen Sie sich im Rathaus?

Es bietet einen weltanschaulich neutralen, aber gleichzeitig öffentlichen Rahmen, um mit Gebeten und Texten aus den heiligen Schriften darum zu bitten, die Menschen auf den Weg des Friedens zu führen. Außerdem pflegt man im Rathaus auch bei anderen Anlässen den Dialog mit den Religionen. 


Pastoralreferent Johannes Gebbe. Foto: Anja Sabel

Wie können Religionen zum Frieden in der Welt beitragen? So manches Mal sind sie ja auch die Ursache von Konflikten.

In den Religionen steckt jede Menge Friedenskraft und -motivation. Die gilt es zu betonen. Natürlich haben sie auch einen Anteil an Kriegen und Konflikten – wobei sich da das Religiöse oft mit nationalen und politischen Interessen mischt. Wir wollen zeigen, dass es auch anders geht: dass Religionen sich gemeinsam für Frieden einsetzen. Durch die Gebete sind im Laufe der Zeit auch zahlreiche Kontakte in der Stadt entstanden – ein interreligiöses Netzwerk.   

Wie gestalten Sie die Friedensgebete? Ein gemeinsam gesprochenes Gebet ist ja nicht möglich.

Die Gebete werden nacheinander gesprochen. Das geschieht in gegenseitigem Respekt und Ehrfurcht vor dem, was anderen heilig ist.

Was beeindruckt Sie persönlich an den Friedensgebeten?

Das zu erleben, was ich im Alltag viel zu selten tue: mich auf andere Gebetstraditionen und Formen der Spiritualität einzulassen. Hinduistischen oder buddhistischen Gesängen zu lauschen, in der jeweiligen Muttersprache, begleitet von Instrumenten – das ist immer wieder ergreifend. Die Atmosphäre ist geprägt von Respekt und Wertschätzung für das, was andere an religiöser Tradition mitbringen. Das ist ein großer Schatz, der die Sehnsucht nach Frieden auf vielfältige Weise ausdrückt. 

Interview: Anja Sabel

Das Friedensgebet der Religionen findet um 16 Uhr in der Oberen Rathaushalle statt. Große Taschen und Rucksäcke dürfen nicht mitgebracht werden. Schriftliche Anmeldung per E-Mail: protokollabteilung@sk.bremen.de