Theologie studieren in Osnabrück

Studientag mit Überraschung

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Zwei Frauen und drei Männer stehen im Innenhof des Osnabrücker Schlosses
Nachweis

Foto: Jens Raddatz

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Das Organisationsteam (v.l.): Laura-Marie Mork, Martin Belz, Martin Jung, Markus Zimmer und Steffie Schmidt. Foto: Jens Raddatz 

Märtyrer und Heilige – ein durchweg katholisches Thema? Wohl eher nicht, wenn man an der Universität Osnabrück studiert. Die Dozentinnen und Dozenten der Uni haben sowohl für Studierende der katholischen Theologie als auch für jene der evangelischen Theologie einen kirchengeschichtlichen Studientag organisiert. Da war manches ungewöhnlich.

Frauke Mählmann ist katholisch. Sie studiert katholische Theologie an der Universität Osnabrück. Das Thema „Märtyrer und Heilige“ fällt ihrer Meinung nach in den katholischen Fachbereich. Sie war überrascht, dass der kirchengeschichtliche Studientag ihrer Universität, bei dem die Dozentinnen und Dozenten auch die evangelische Sicht auf das Thema beleuchtet haben, so gut bei ihr ankam. Warum? „Es war hilfreich, mit verschiedenen Perspektiven einzusteigen“, sagt sie. Die Studentin meint die kurzen Vorträge der Dozenten zum Thema „Heiligkeit“. Damit hatte der konfessionsübergreifende Studientag zum Thema Kirchengeschichte begonnen. In den Vorlesungen selber bekomme sie nicht viel von der anderen Konfession mit, sagt Mählmann. Doch vor allem „im Hinblick auf den geplanten Christlichen Religionsunterricht ist der Studientag gewinnbringend gewesen“. Ab Sommer 2025 soll es anstelle des evangelischen und katholischen Religionsunterrichtes in Niedersachsen einen gemeinsamen christlichen Religionsunterricht geben. 

Auch Maxine Thien studiert katholische Theologie. „Wir konnten uns entscheiden, welche beiden von vier kirchengeschichtlichen Orten wir besuchen wollen“, sagt sie. Zur Auswahl standen das Diözesanmuseum und das Diözesanarchiv oder die Katharinenkirche und das Felix-Nussbaum-Haus. Thien und Mählmann haben sich für Museum und Archiv entschieden. Im Museum gab es eine Führung mit dem Schwerpunkt auf die Heiligen und deren Reliquien. Thien sagt: „Besonders die Darstellung der Reliquien der Märtyrerin Regina und der Märtyrer Crispin und Crispinian in den mit Gold verzierten Truhen war sehr interessant.“ Beide Studentinnen haben durch die Führungen den lokalen Bezug besser verstanden, beispielsweise der Patrone von Osnabrück, Crispin und Crispinian. Thien hat besonders mitgenommen, „dass während des Dreißigjährigen Krieges viele Schätze eingeschmolzen wurden, um Forderungen von Schweden zu bezahlen“. Nach eineinhalb Stunden gingen die Studenten in das Diözesanarchiv. „Dort haben wir uns verschiedene alte Dokumente und Urkunden angeschaut, zum Beispiel von Karl dem Großen“, sagt Thien. Zudem konnten die Studenten sich Abschriften von Briefwechseln von Märtyrern aus der Zeit des Nationalsozialismus anschauen. „Da ging es um den Bischof Clemens August von Galen und die Lübecker Märtyrer, die sich gegen den Nationalsozialismus ausgesprochen haben“. 

"Für Schüler wirkt das Thema Kirchengeschichte erst trocken"

In der Universität haben die Studenten ihre Erfahrungen verglichen: „Die anderen haben sich mit der heiligen Katharina und der Frage beschäftigt, ob es sie wirklich gegeben hat. Den Nationalsozialismus haben beide Gruppen behandelt“, sagt Thien. Die Studenten, die größtenteils Lehramt studieren, entwickelten danach Ideen, wie sie die erfahrene Kirchengeschichte in den Unterricht einbringen könnten. „Für Schüler wirkt das Thema Kirchengeschichte erst trocken. Aber wenn man es richtig 'rüberbringt, kann es auch interessant sein“, sagt Thien. Vor allem in der Grundschule könne man viel erreichen, wenn man das vorhandene Interesse für das Mittelalter mit den kirchlichen Wurzeln verknüpft. „Die Legenden sind vielleicht ein bisschen grausig, aber das macht sie für viele auch interessant“, ergänzt Thien. Mählmann sagt, dass besonders der lokale Bezug und damit die Möglichkeit, Ausflüge zu unternehmen, didaktisches Potenzial biete. Zudem findet Thien es wichtig, von Geschichte zu lernen, damit diese sich nicht wiederholt. „Durch Führungen im Felix-Nussbaum-Haus könnte man den Schülern zeigen, was passieren kann, wenn Intoleranz die Überhand gewinnt.“

Fünf Dozenten der Institute für Katholische Theologie und für Evangelische Theologie haben den Studientag organisiert: Laura-Marie Mork, Martin Belz, Martin Jung, Markus Zimmer und Steffie Schmidt. Ihr Ziel war es, den Studierenden eine Ergänzung zum regulären Lehrangebot zu bieten, die speziell regionalgeschichtlich ausgerichtet und überkonfessionell relevant ist. Zudem sollte die Kooperation der beiden Institute verstärkt werden.

Janne Aufderhaar