Thonhofer-Ikonenausstellung in Mühlhausen

Auch Zeugnisse des Leids

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Darstellung „Flucht der Heiligen Familie nach Ägypten“
Nachweis

Foto: Reiner Schmalzl

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„Flucht der Heiligen Familie nach Ägypten“

Die Ikonensammlung des 2023 gestorbenen Artistenseelsorgers Otto Thonhofer kann in der Pfarrei St. Josef in Mühlhausen angeschaut werden.

Immer wieder zieht das Motiv der „Flucht der Heiligen Familie nach Ägypten“ die Blicke und Gespräche der meist tief in sich gekehrten Betrachter auf sich. Bei der biblischen Szene aus dem Matthäus-Evangelium handelt es sich um eine großformatige Ikone aus dem koptischen Ägypten, die angesichts heutiger Kriege und Fluchttragödien aktueller denn je scheint. Die Darstellung gehört zu den insgesamt 116 Ikonen aus der Sammlung von Pfarrer Otto Thonhofer (1937-2023), die derzeit in der Pfarrei „St. Josef“ in Mühlhausen besichtigt werden können. 

Der in Olmütz (Tschechien) geborene Sammler und Theologe hatte sich ab 1963 in der DDR leidenschaftlich um die katholische Artisten-, Schausteller- und Zirkusseelsorge gekümmert, erinnerte Pfarrer Andreas Anhalt zur Eröffnung der Ausstellung am 11. Dezember. In den letzten Jahren seines Lebens habe Thonhofer immer wieder über seine Sammlung gesagt: „Ich will sie in gute Hände geben.“ Diesem Anliegen sei man nun gerecht geworden. „So sind seine Ikonen in gute Hände gekommen und haben nun in einer öffentlichen Sammlung ihren Platz gefunden“, betont Pfarrer Anhalt. Ikonen könne man als gläubiger Mensch nicht verkaufen. Ein Teil der Darstellungen sei Thonhofer geschenkt worden, andere habe er gekauft. 

Die von der Kunstwissenschaftlerin Simone Seyboldt begutachteten Kunstwerke stammen aus Russland, Griechenland, Polen, Belarus, Rumänien, Albanien, Zypern, der Ukraine, Italien, Deutschland, Ägypten, Äthiopien, Österreich und Bulgarien. Sie spiegeln die religiöse Welt der Gläubigen dort und sind Wegbeleiter des menschlichen Lebens. 
 

400 Jahre Kunst- und Kulturgeschichte


„Viele der wichtigsten klassischen Ikonenmotive sind vertreten, einige in mehreren Varianten. Daneben enthält die Sammlung auch Ikonen, die selten dargestellte Sujets zeigen, die sehr spezifisch mit einer Region verbunden sind“, betont die langjährige Mitarbeiterin des Ikonenmuseums Frankfurt am Main. Klassisch sind etwa Christus- und Mariendarstellungen. Die ältesten Arbeiten stammen vermutlich aus dem 18. Jahrhundert, während moderne Werke erst vor wenigen Jahren entstanden sind. „Sie erzählen von 400 Jahren Kunst- und Kulturgeschichte.“ Die Inschriften seien in den jeweiligen Liturgiesprachen wie Altkirchenslawisch, Griechisch oder Altäthiopisch verfasst. 

Einige der von Weihrauch und Kerzen geschwärzten Hausikonen seien auch Zeugnisse großen Leids, erinnert Andreas Anhalt. Denn der Bolschewismus habe mehr oder weniger gewaltsam den Volksglauben in der Sowjetunion ausmerzen wollen. Die gedemütigten Menschen hätten jedoch unbeirrt im Stillen im Schutz ihrer Wohnungen zu den barmherzigen Augen der verehrten Heiligen geblickt und der Herrlichkeit Gottes entgegen gesehen. 

Reiner Schmalzl

Die im Sinne Thonhofers fast vollständig gebliebene Ikonensammlung kann auf Anfrage in der Pfarrei in Mühlhausen besichtigt werden.