Bike-Repair-Café in Bremen

Fahrräder wieder auf Touren bringen

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Mann repariert Fahrrad, Frau steht daneben
Nachweis

Foto: Anja Sabel

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Kurz vor ihrem Urlaub lässt Andrea Widdecke ihr Fahrrad überprüfen. Pastoralreferent Michael Kosubek erklärt ihr die einzelnen Schritte.

Kostenlos das Rad reparieren lassen und bei einem Kaffee über Gott und die Welt reden: Das Bike-Repair-Café in Bremen bietet beides. So ein Projekt hat sich Pastoralreferent Michael Kosubek schon lange gewünscht.

Michael Kosubek ist Profi: auf dem Rad und am Rad. Erst vor wenigen Tagen ist er von einem Fahrradmarathon mit Freunden in den Alpen zurückgekehrt – mit 550 Kilometern und 10 500 Höhenmetern in den Waden. Und als Rennradfahrer, sagt er, „gehört es dazu, selbst am Rad schrauben zu können“. Das macht er leidenschaftlich gern – auch für andere, die da weniger technisch begabt sind. Fahrräder sind seit 35 Jahren sein großes Hobby.

Kosubek ist Pastoralreferent in der Bremer Pfarrei St. Franziskus. Zugleich arbeitet er in der Projektgruppe Neuer Weg mit, die Ideen entwickelt für eine lebendige Gemeinde, in der alle ihre Talente einbringen können und in den Dienst des Evangeliums stellen. Eine neue Idee ist das Bike-Repair-Café am Kirchenstandort St. Hildegard, seit Anfang Mai am Start. Das Angebot, Fahrräder zu reparieren als Hilfe zur Selbsthilfe und dies mit einem Café zu verbinden – zum Schnacken und zur Kontaktpflege –, sei schon lange ein Wunsch gewesen, erklärt Michael Kosubek.

Willkommen sind alle Interessierten – mit oder ohne Fahrrad. Es braucht keinen „Glaubenspass“, aber wer ein pastorales Anliegen hat, findet natürlich Gehör. „Vielleicht nicht gerade, wenn ich am Rad schraube, aber wenn wir gemeinsam schrauben, funktioniert das schon“, sagt Kosubek und lacht. 

Im Keller des Pfarrheims bewahrt er seine Werkzeuge auf – inklusive Spezialwerkzeug für E-Bikes. Kosubek ist Autodidakt, kann alles selbst reparieren. Von Werkstattprofis hat er sich sogar zeigen lassen, wie man am Rahmen fräst und Gewinde nachschneidet.

Wir sind für alle Menschen im Wohnviertel da.

Die erste Fahrradwerkstatt baute Michael Kosubek in einer Obdachlosensiedlung auf – als Theologiestudent. Und später, während eines Brasilienaufenthalts, gründete er gemeinsam mit Jugendlichen eine solche Werkstatt, dazu ein Radsportteam.

Als Pastoralreferent Kosubek 2015 nach Bremen kam, unterstützte er die Initiative „Fahrräder für Flüchtlinge“. „Da sind ganz viele Kontakte entstanden“, sagt er und kündigt einen Freund an, „der gleich noch zum Helfen vorbeikommt“. Mit ihm habe er in einem Übergangswohnheim im Stadtteil Hastedt eine Werkstatt aufgebaut, „die gibt es immer noch“.

Vor drei Jahren öffnete in der Bremer Neustadt ein Zentrum rund ums Fahrrad: das „Neusi’s“-Repair-Café an der Hochschule Bremen, professionell betrieben von Fahrradmechanikern und Aushilfen, mit Werkstatt und Gastronomiebetrieb. Dort mischt Kosubek ehrenamtlich mit. Einige Kunden haben dadurch auch schon den Weg ins kostenlose Bike-Repair-Café in St. Hildegard gefunden.

Banner Bike Repair Café
Ein Banner vor St. Hildegard in Bremen weist dienstags auf das Bike-Repair-Café hin. Im Pfarrheim gibt es dann Kaffee und Kuchen. Foto: Anja Sabel

Manchmal schauen am Dienstagnachmittag vier bis sechs Leute vorbei, manchmal, wie heute kurz vor den Sommerferien, ist es ruhiger und Kosubek hat Zeit für einen Kaffee im Pfarrheim. Einmal sei ein älterer Mann mit seinem E-Bike vorbeigekommen. Kosubek brachte den Kettenschutz in Ordnung, und der Mann war so dankbar, „dass er wiederkam und uns einen Fahrradständer schenkte“. Beim dritten Mal kam er nur zum Plauern und erzählte seine Lebensgeschichte. Ein Familienvater entdeckte das Banner, das auf das Repair-Café hinweist, und ließ sein Lastenfahrrad reparieren. Kosubek betont: „Wir sind für alle Menschen im Wohnviertel da und haben unser Angebot auch bei der Stadt listen lassen. Wir wollen zeigen, dass wir als Kirche einladend sind.“

Am Kaffeetisch fachsimpelt Kosubek mit dem inzwischen eingetroffenen Freund aus der Radwerkstatt Hastedt darüber, ob es sich lohnen könnte, in der benachbarten Grundschule Fahrradworkshops anzubieten. Der Pastoralreferent gibt sein Wissen gern weiter, zeigt zum Beispiel, wie man kleine Mängel behebt, Schaltungen und Bremsen einstellt, einen Schlauch wechselt oder flickt oder einfach nur, wie man richtig auf dem Rad sitzt.

Und dann kommt heute doch noch jemand zum Fahrradcheck: Gemeindemitglied Andrea Widdecke. Sie will mit ihrem Mann im Urlaub den Ruhr-Radweg fahren und vorher prüfen lassen, ob ihr Drahtesel tourentauglich ist. Mit Schürze und Werkzeug legt Michael Kosubek los und inspiziert Reifen, Bremsen, Schaltung und Kette.

Heute hilft ihm wieder Roman, ein Geflüchteter aus der Ukraine, der seit einem halben Jahr in Bremen lebt und in seiner Heimat selbst eine Auto- und Fahrradwerkstatt betreibt. An­drea Widdecke verlässt sich auf die Profis und ist froh, dass sie so kurzfristig vorbeikommen konnte. „Im Fahrradladen hätte ich gar keinen Termin mehr bekommen, da muss man mindestens ein halbes Jahr warten.“


Öffnungszeiten und Aktionstage

Das Bike-Repair-Café in der Pfarrei St. Franziskus am Standort St. Hildegard, Alfred-Faust-Straße 45, findet immer dienstags von 15 bis 18 Uhr, bei gutem Wetter vor, ansonsten im Pfarrheim, statt. Das Angebot ist kostenlos, Spenden für die Werkstattkasse aber sind willkommen.

Die Initiatoren der Projektgruppe „Neuer Weg“ suchen dafür noch freiwillige Helfer. Infos bei Michael Kosubek, Telefon 04 21/80 95 62 26, E-Mail: michael.kosubek@stfranziskus-bremen.de

Anja Sabel