Bedford-Strohm über die Ökumene unter Papst Leo XIV.

„Ich erhoffe mir wirklich einiges Gute“

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Bedford-Strohm und Papst Leo XIV.
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Foto: kna/Vatican Media/Romano Siciliani

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Audienz beim Papst: Heinrich Bedford-Strohm traf Leo XIV. einen Tag nach der Amtseinführung.

Der frühere evangelische Bischof Heinrich Bedford-Strohm glaubt, dass es mit dem neuen Papst Fortschritte in der Ökumene geben wird. Weil Leo Christus immer an die erste Stelle setzt, weil er die Synodalität weiter fördern will – und weil er Kirchenrechtler ist.

Heinrich Bedford-Strohm ist noch ganz begeistert, wenn er an die Einführung von Papst Leo zurückdenkt; gemeinsam mit dem Generalsekretär des Ökumenischen Rates der Kirchen war er dorthin eingeladen. „In Rom waren Gäste aus aller Welt“, sagt er, „da wurden viele Gespräche geführt, das war schon von daher ein Ort der Ökumene“. 

Die Vertreterinnen und Vertreter der anderen Kirchen und Religionen waren bei der Feier ziemlich nah dran. „Ich saß bei den Kardinälen“, sagt Bedford-Strohm, der sich im Vatikan ganz und gar nicht fremd fühlt. Schon als langjähriger Vorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) war er mehrmals dort zu Gast, traf Papst Franziskus, kennt Kardinal Kurt Koch vom Dikasterium zur Förderung der Einheit der Christen und den Präfekten des Dikasteriums für die Glaubenslehre, Kardinal Victor Manuel Fernandez.

Besonders gern erinnert sich Bedford-Strohm aber an den Tag nach der Einführung. „Es war eine Privataudienz für die Gäste aus der Ökumene angesetzt“, sagt er. „Papst Leo hat deutlich gemacht, dass die Wiederherstellung der sichtbaren Einheit der Christenheit eine Priorität für ihn ist. Dass er das so hoch ansetzt, fand ich bemerkenswert und auch sehr ermutigend.“ 

Auch seine Herkunft, sagt Bedford-Strohm, spreche für Leo. „Er kommt aus den USA und da ist die konfessionelle Vielfalt sehr groß. Ich bin sicher, dass er da viele ökumenische Erfahrungen gemacht hat.“ Und wie sieht es mit Ökumene in Peru aus? Bedford-Strohm lacht. „Ich kenne den Generalsekretär der Lateinamerikanischen Bischofskonferenz, Lizardo Estrada. Er hat mich nach der Wahl noch vom Petersplatz aus angerufen und alles, was er mir erzählt hat, hat mir Hoffnung gemacht.“

„Christus ist nicht zerteilt. Aber wir sind es und das kann nicht im Sinne Christi sein.“

Diese Hoffnung ist durchaus konkret. Und ambitioniert. „Papst Franziskus hat uns ja immer ermutigt“, sagt Bedford-Strohm und erinnert in Sachen eucharistischer Gastfreundschaft an dessen Satz: „Redet mit Christus und schreitet mutig voran.“ Aber als beim Ökumenischen Kirchentag 2020 in Frankfurt diese Gastfreundschaft gelebt werden sollte, kam ein Nein aus Rom. „Das hat uns alle sehr ernüchtert“, sagt der Lutheraner. Umso mehr freut es ihn, dass Papst Leo auch Kirchenrechtler ist. „Ich habe die konkrete Hoffnung, dass er das, was er sagt, auch im Kirchenrecht festmacht.“

Wichtig sei zudem, dass Papst Leo am Weg der Synodalität festhält. „Es geht dabei zwar in erster Linie um innerkatholische Fragen“, sagt Bedford-Strohm. „Aber Synodalität ist natürlich auch ein Grundbaustein in der Ökumene.“ Als Beispiel nennt er die Rolle des Papstamtes. „Das Studiendokument ‚Der Bischof von Rom‘ aus dem vergangenen Jahr setzt einige wichtige Impulse, wie man den Papst als Diener der Einheit auf dem Hintergrund einer synodalen Kirche verstehen könnte.“

Für den früheren Landesbischof Bayerns ist die fehlende kirchliche Einheit „ein Skandal, dem wir entgegentreten müssen“. Er erinnert an den ersten Korintherbrief und die Frage des Paulus: „Ist denn Christus zerteilt?“ Bedford-Strohm sagt: „Nein, Christus ist nicht zerteilt. Aber wir sind es und das kann nicht im Sinne Christi sein.“ Wurzel aller Gespräche über theologische Unterschiede sei deshalb die „Ökumene des Herzens“. „Wir müssen es tief in unser Herz und unsere Seele lassen: Christus ist die Priorität eins, unsere Konfessionen sind Priorität zwei. Höchstens.“ 

Die Ökumene des Herzens habe er schon oft erlebt, etwa 2017 beim großen Reformationsjubiläum. „Es war das erste Mal, dass wir uns nicht gegenseitig abgewertet haben“, sagt Bedford-Strohm. So hätten beim großen Ökumenischen Gottesdienst „Healing of Memories“ Kardinal Marx und er sich gegenseitig zugesprochen, was sie an der jeweils anderen Konfession großartig finden. „Das war sehr berührend“, sagt der frühere Landesbischof, „das war wirklich Ökumene des Herzens“. Und das, sagt er, erlebe er auch in Rom und spüre es bei Papst Leo. Auch wenn eine intensivere persönlichere Begegnung noch aussteht.

Gemeinsame Impulse zur Verantwortung für die Schöpfung

Bedford-Strohm ist seit 2022 Vorsitzender des Zentralausschusses des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK), der rund 600 Millionen Christen in 356 Mitgliedskirchen vertritt – die katholische Kirche gehört nicht dazu. Würde er sich wünschen, dass Papst Leo das ändert? „Ach“, sagt er, „das halte ich nicht für wichtig.“ Denn erstens würde die römisch-katholische Kirche mit ihren 1,4 Milliarden Mitgliedern eine Unwucht bedeuten. Und zweitens „arbeiten wir in allen relevanten Bereichen schon jetzt wunderbar zusammen“. Etwa in der Kommission für Glauben und Kirchenverfassung des ÖRK, in der die katholische Kirche Vollmitglied ist. 

Oder im Assisi-Prozess, der Bedford-Strohm sehr am Herzen liegt. „Im März 2024 hatten wir in Assisi eine internationale ökumenische Versammlung, in der es darum ging, einen gemeinsamen Tag der Schöpfung einzuführen“, sagt er. Die Orthodoxie kennt so einen Tag, den 1. September, bereits; Papst Franziskus hat mit seiner Enzyklika „Laudato si“ weitere wichtige Impulse gegeben. „Ich habe damals zusammen mit Kardinal Fernandez ein Referat gehalten“, so Bedford-Strohm. „Wir haben auch zusammen am Grab des heiligen Franziskus gebetet. Das war eine sehr beglückende Erfahrung.“

Und es seien weitere Schritte zu einem ökumenischen Schöpfungstag gegangen worden, etwa bei einer Folgekonferenz in diesem Mai. Und damit sind wir zurück bei Papst Leo. „Dass der neue Papst kürzlich ein Formular für eine Schöpfungsmesse verabschieden ließ und die auch gleich gefeiert hat, zeigt, dass wir gemeinsam auf dem Weg sind. Ich erhoffe mir in der Ökumene wirklich einiges Gute vom Pontifikat von Papst Leo.“

Susanne Haverkamp